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EMA empfiehlt weitere Verwendung von Astrazeneca-Impfstoff

Impfungen werden in Deutschland ab Freitag fortgesetzt

Die europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat sich nach der Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen in Teilen Europas für eine weitere Verwendung des Corona-Vakzins ausgesprochen. Das Mittel sei "sicher und wirksam", sagte EMA-Chefin Emer Cooke am Donnerstag. Einen möglichen Zusammenhang zwischen Impfungen und seltenen, aber gefährlichen Blutgerinnseln im Gehirn konnte die Behörde aber "nicht endgültig" ausschließen. In Deutschland wurde die EMA-Empfehlung mit Erleichterung aufgenommen, die Impfungen sollen schon ab Freitag wieder aufgenommen werden - allerdings mit Warnhinweisen. Auch Italien, Frankreich und Spanien kündigten eine Fortsetzung der Astrazeneca-Impfungen an.

Es gebe keine Hinweise darauf, dass von dem Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca ein erhöhtes Risiko für Blutgerinnsel ausgehe, sagte Cooke nach einer Sondersitzung der Behörde. Der EMA-Ausschuss für Impfstoff-Sicherheit sei zu einer "eindeutigen wissenschaftlichen Schlussfolgerung" hinsichtlich der Sicherheit des Vakzins gekommen. Der Nutzen des Impfstoffs beim Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung überwiege "mögliche Risiken", sagte Cooke.

Bei ihren Untersuchungen stellte die EMA laut Cooke aber "eine kleine Anzahl von Fällen seltener und ungewöhnlicher, aber schwerwiegender Gerinnungsstörungen fest". Nach tagelanger eingehender Analyse von "Laborergebnissen, klinischen Berichten, Autopsieberichten und weiteren Informationen aus den klinischen Studien können wir einen Zusammenhang zwischen diesen Fällen und dem Impfstoff immer noch nicht endgültig ausschließen", fügte sie hinzu. Die Produktinformation für das Vakzin werde nun dementsprechend angepasst, um Patienten und Ärzte auf die möglichen Gefahren hinzuweisen.

Nach Angaben der EU-Behörde wurden unter den 20 Millionen Menschen, die in der EU sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen und Großbritannien eine Astrazeneca-Impfung erhalten haben, 469 Fälle von Blutgerinnseln festgestellt. Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung sei dies kein erhöhter Wert.

Nach Angaben der EMA traten bei 25 Patienten schwerwiegende Erkrankungen auf, darunter Blutgerinnseln im Gehirn. Davon betroffen waren fast ausschließlich Frauen unter 55 Jahren. Hinweise auf Probleme mit bestimmten Impfstoff-Chargen oder Produktionsstätten gibt es laut EMA allerdings nicht.

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides befürwortete die "eindeutige wissenschaftliche" Empfehlung der EMA. Mögliche Risiken im Verbindung mit dem Impfungen müssten weiter sehr genau beobachtet werden. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) riet am Donnerstag zur weiteren Nutzung des Vakzins. Das Beratergremium der WHO zur Impfstoffsicherheit will am Freitag einen Bericht zum Astrazeneca-Impfstoff vorlegen.

Deutschland und mehr als ein Dutzend weitere europäische Staaten hatten in den vergangenen Tagen nach Berichten über das Auftreten schwerer Blutgerinnsel bei einigen Geimpften die Impfungen mit dem Astrazeneca-Vakzin vorerst gestoppt. Für die ohnehin als schleppend kritisierte Impfkampagne in Deutschland war die Aussetzung der Astrazeneca-Impfungen ein Rückschlag.

Nun sollen die Astrazeneca-Impfungen in Deutschland ab Freitag wieder aufgenommen werden, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ankündigte. Die Impfwilligen sollten dann in aktualisierten Aufklärungsbögen über mögliche Risiken informiert werden. Nun gehe es darum, "dass wir zügig weiterimpfen".

Vertreter von Politik und Verbänden äußerten am Donnerstagabend die Erwartung, dass die Impfungen mit dem Präparat nun rasch wieder aufgenommen werden - mit Warnhinweisen für bestimmte Patientengruppen wie von der EMA empfohlen.

FDP-Vizefraktionschef Michael Theurer bezeichnete die EMA-Empfehlung als "gute Nachricht". Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar, zeigte sich "erleichtert" über die Entscheidung der EMA. Sie forderte wie die Grünen eine zügigen Wiederaufnahme der Impfungen mit Astrazeneca und eine umfassende Aufklärung der Impfwilligen über die möglichen Nebenwirkungen des Mittels.

Auch Italien, Frankreich und Spanien kündigten noch am Donnerstagabend an, die Impfungen mit Astrazeneca wieder aufzunehmen. Ab Freitag werde das Vakzin wieder verabreicht, sagte der italienische Ministerpräsident Mario Draghi. Ziel sei es weiterhin, "möglichst schnell so viele Impfungen wie möglich vorzunehmen". Auch in Frankreich wird der Astrazeneca-Impfstoff von Freitag an wieder genutzt. Er werde sich selbst damit impfen lassen, um zu zeigen, "dass wir vollstes Vertrauen haben können", sagte Premierminister Jean Castex. Spanien will ab Mittwoch wieder damit impfen.

by Von Danny KEMP