Größte Errungenschaft der Menschheit
Vor 50 Jahren machte die Menschheit ihren bis dato größten Schritt. Die Mondlandung der Apollo-11-Mission gehört auch heute noch zu den größten technologischen Errungenschaften, die der Homo sapiens je hervorgebracht hat. Allerdings erscheint der Anwendungsfall dieser technischen Meisterleistung auf den ersten Blick eher abstrakt. Schließlich kann nicht jeder von uns eine Saturn-V-Rakete besteigen, und Urlaub beim fabelhaften Mann im Mond machen. Tatsächlich aber hat uns die Mondlandung einen ganzen Strauß an sogenannten “Spinoff”-Technologien geliefert, die aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind.
Der Sneaker – oder Turnschuh – ist heute aus keiner Garderobe mehr wegzudenken. Von Chucks bis Stan Smiths hat so ziemlich jeder Mensch ein paar der Leisetreter im Schrank stehen. Was allerdings Wenige wissen: Das Herstellungsverfahren für moderne Sneaker-Sohlen hat die NASA entwickelt – für die Helme ihrer Astronauten. Raumfahrt-Ingenieur Frank Rudy nahm die sogenannten Blasformen mit zum Hersteller Nike und stellte dem die Idee einer mit Luftpolstern gefühlten Schuhsohle vor: Der Nike Air war geboren.
Die Astronauten der Apollo-Missionen hatten unter anderem die Aufgabe, Gesteinsproben auf dem Mond zu sammeln. Dazu war ein Bohrer nötig, der gleichzeitig Leistungsfähig und leicht sein musste. Die Mondoberfläche ist sehr hart, und jedes Gramm Nutzlast kostet beim Raketenstart bares Geld. Den Auftrag zur Entwicklung eines solchen Bohrers bekam die Firma Black & Decker, die aus dessen Entwicklung wertvolle Einsichten in die Herstellung leichtgewichtiger, kabelloser Werkzeuge erhielt – unter anderem Akkuschrauber oder Handstaubsauger.
Die NASA suchte nach Wegen, Pilotensitze bequemer zu machen. Der sogenannte Memory Foam, ein Schaumstoff mit Formgedächtnis, ist nicht nur in der Lage, Stöße zu absorbieren, er sorgt gleichzeitig auch für eine gleichmäßige Gewichtsverteilung. Diese Eigenschaften machten den Schaumstoff jenseits der Raumfahrt ebenfalls interessant, etwa für den medizinischen Bereich, wo Matratzen aus Memory Foam dabei helfen, bettlägrige Menschen vor dem Wundliegen zu schützen. In den 1970er und 1980er Jahren waren außerdem die Helme der Football-Mannschaft Dallas Cowboys mit dem Stoff ausgekleidet.
Aus dem heutigen Leben sind diese Helferlein nicht mehr wegzudenken – digitale Bildsensoren. Entwickelt wurden die Sensoren, die in jedem Smartphone verbaut sind, für die Raumfahrt. Denn die Kameras, mit denen die Apollo-11-Astronauten noch fotografieren mussten, waren schwer und sperrig. Mithilfe der CMOS-Technologie war es möglich, kleinere Kameras zum Mond zu schicken.
Was für normale Brillenträger mindestens ärgerlich ist, kann im Weltall schnell zur Gefahr werden: Kratzer auf dem Helmvisier oder auf Brillengläsern. Die NASA entwickelte daher eine spezielle kratzfeste Beschichtung für die Visiere ihrer Astronauten.
Die Apollo-Missionen waren nicht alle von Erfolg gekrönt. Am 21. Februar 1967 etwa brach vor dem Start ein Feuer in einem Raumschiff aus und tötete drei Astronauten. In der Folge entwickelte die NASA feuerbeständige Textilien, die heute in der Kleidung von Feuerwehrleuten, beim Militär und im Motorsport zum Einsatz kommt.
Aus der Luftfahrt ist sie heute nicht mehr wegzudenken, zu Zeiten des Apollo-Programms war sie mit Science-Fiction gleichzusetzen: elektronische Flugzeugsteuerung. Als die USA das Raumfahrtprogramm ins Leben riefen, steuerten Piloten ihre Maschinen über Kabelverbindungen, die die Flugzeugkontrollen mit den Leitwerken oder Höhenrudern verbanden. Diese Art der Steuerung war für eine Reise zum Mond, geschweige denn die Landung, unzureichend. Die NASA vergab daher den Auftrag, eine Computersteuerung für die Apollo-Raumschiffe zu entwickeln, die die Eingaben der Piloten in digitale Signale umwandelte und zudem den Einsatz von Software zur Steuerung der Raumschiffe ermöglichte. Die sogenannte “fly-by-wire”-Steuerung kommt heute in Verkehrsflugzeugen zum Einsatz – und in Abwandlungen auch in modernen Pkws, etwa bei Tempomaten.
Diese Technologie hat tatsächlich nicht die NASA erfunden – Gefriertrocknung gibt es seit 1938, als der Lebensmittelkonzern Nestlé sie erfand. Die NASA forschte zusammen mit privaten Unternehmen weiter an dem Verfahren und machte die Technik schließlich massentauglich. Bei dem Prozess werden Nahrungsmittel schockgefroren und dann langsam erhitzt, um Eiskristalle zu entfernen. So bleiben Nährstoffe erhalten, während das Gewicht drastisch reduziert wird.
Wenn Sie einen Pkw besitzen, haben Sie dieses Nebenprodukt der Mondlandung garantiert im Kofferraum – die Rettungsdecke. Der englische Name deutet schon auf die ursprüngliche Anwendung hin: Space blanket. Die reflektierenden und isolierenden Decken waren ursprünglich zur Isolierung von Raumschiffen verwendet worden. Wie in vielen Fällen, war auch hier entscheidend, dass es weder in punkto Gewicht noch Fläche ein Material gab, das die Anforderungen besser erfüllte. Auch heutzutage kommt die Technologie noch in der Raumfahrt zum Einsatz – außerdem bei der Campingausrüstung, in der Brandbekämpfung oder bei der Gebäudeisolation.
Kaum zu glauben, aber auch Jahrzehnte nach Neil Armstrongs (1930-2012) ersten Schritten auf dem Mond werden noch immer Technologien entwickelt, die ihre Ursprünge in der Mondlandung haben. Eine der jüngsten sind wiederaufladbare Hörgeräte, die es in dieser Form erst seit 2013 gibt. Bis dahin mussten die Batterien für Hörgeräte entsorgt werden, sobald sie leer waren. Baut man kleine Zink-Batterien, können diese nicht wiederaufgeladen werden. Lithium-Ionen-Akkus, wie wir sie aus den Smartphones kennen, lassen sich hingegen nicht so klein bauen und bringen außerdem Probleme bei der Hitzeentwicklung mit. Silber-Zink-Akkus haben diese Probleme nicht. Zwar waren die Silber-Zink-Batterien für die Apollo-Raumschiffe nicht wiederaufladbar – die NASA forschte aber lange an der Technologie und legte somit den Grundstein für deren moderne Anwendung.
(pcl/spot)