Im vergangenen Jahr haben erstmals elf der 30 Nato-Länder das Ziel der Militärallianz bei den Verteidigungsausgaben erreicht. Wie die Nato am Dienstag mitteilte, kamen zum ersten Mal Frankreich, Norwegen und die Slowakei auf Ausgaben von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung. Allerdings begünstigten die deutlichen Wirtschaftseinbrüche wegen der Corona-Krise Anstiege bei dem Prozentziel. Deutschland blieb mit 1,56 Prozent dennoch weiter klar unter der Vorgabe.
Im vergangen Jahr lagen die gesamten Verteidigungsausgaben in der Militärallianz bei 1,03 Billion Dollar (864 Milliarden Euro). Bei den Mitgliedern ohne die USA stiegen sie im sechsten Jahr in Folge, dieses Mal um 3,9 Prozent. Seit 2014 erhöhten Kanada und die europäischen Nato-Verbündeten ihre nationalen Verteidigungsbudgets damit um insgesamt 190 Milliarden Dollar.
"Wir erwarten, dass sich dieser Trend dieses Jahr fortsetzt", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Es sei "absolut lebensnotwendig, dass diese Dynamik beibehalten wird". Denn die Sicherheitsbedrohungen für die Alliierten seien nicht verschwunden. Stoltenberg verwies dabei auf Russland, Cyber-Bedrohungen, Terrorismus und das zunehmend auch militärisch stärker werdende China.
Stoltenberg räumte ein, dass einige Alliierte 2020 nur über die Zwei-Prozent-Grenze kamen, weil ihre Wirtschaft infolge der Corona-Krise eingebrochen ist und die Verteidigungsausgaben damit ein größeres Gewicht im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt erhielten. "Hauptgrund" für die Entwicklung sei aber weiter die stetige Erhöhung der Militärausgaben, betonte der Norweger.
Der Nato-Generalsekretär hatte schon im Februar gesagt, er erwarte, dass dieses Jahr nur noch neun Länder das Zwei-Prozent-Ziel schaffen. Nach AFP-Informationen würden Frankreich und Norwegen voraussichtlich wieder unter die Zwei-Prozent Schwelle fallen.
Die Nato-Verbündeten hatten 2014 infolge der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland vereinbart, ihre Verteidigungsausgaben binnen eines Jahrzehnts auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung zu steigern. Der frühere US-Präsident Donald Trump hatte in den vergangenen Jahren insbesondere Deutschland massiv wegen zu geringer Militärausgaben kritisiert und der Bundesregierung vorgeworfen, sich auf Kosten der USA beschützen zu lassen.
Die USA blieben 2020 mit Abstand das Nato-Land mit den höchsten Verteidigungsausgaben. Sie kamen auf 3,73 Prozent der Wirtschaftsleistung - und standen damit für 71 Prozent der gesamten Verteidigungsausgaben im Bündnis.
Danach folgten laut Nato-Jahresbericht zehn europäische Länder, die das Zwei-Prozent-Ziel erreichten: Griechenland (2,68 Prozent), Estland (2,33 Prozent), Großbritannien (2,32 Prozent), Polen (2,31 Prozent), Lettland (2,27 Prozent), Litauen (2,13 Prozent), Rumänien (2,07 Prozent), Frankreich (2,04 Prozent), Norwegen (2,0 Prozent) und die Slowakei (2,0 Prozent).
Stoltenberg hatte schon im Februar davor gewarnt, nach Trumps Abgang nun in den Bemühungen bei den Verteidigungsausgaben nachzulassen. Denn auch die neue Regierung unter Präsident Joe Biden werde auf höhere Ausgaben pochen.
by Emmanuel DUNAND