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Ein Toter am zweiten Abend der Proteste nach Lukaschenkos Wiederwahl

Sorgen um Sicherheit von belarussischer Oppositionskandidatin Tichanowskaja

Nach der umstrittenen Wiederwahl des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko ist es am zweiten Abend in Folge in der Hauptstadt Minsk zu schweren Konfrontationen zwischen Sicherheitskräften und regierungskritischen Demonstranten gekommen. Dabei kam ein Protestierender ums Leben. Der Mann sei durch einen Sprengsatz getötet worden, den er auf Polizisten habe schleudern wollen, teilte das Innenministerium mit. Unklarheit herrschte unterdessen über den Aufenthaltsort der oppositionellen Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja.

Die Demonstranten werfen dem seit 26 Jahren autoritär regierenden Lukaschenko massiven Wahlbetrug vor. Laut dem offiziellen Wahlergebnis soll er am Sonntag mit mehr als 80 Prozent der Stimmen für eine sechste Amtszeit wiedergewählt worden sein. Tichanowskaja, die im Vorfeld der Wahl regen Zulauf zu ihren Kundgebungen gehabt hatte, soll nur auf knapp zehn Prozent gekommen sein.

"Schande!" riefen die Demonstranten in Minsk. Wie am Vorabend gingen die Sicherheitskräfte auch am Montag rabiat gegen die zu Tausenden protestierenden Menschen vor. Die Polizei feuerte Gummigeschosse, Blendgranaten und Tränengas ab, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP und andere Augenzeugen berichteten.

Demonstranten warfen Steine auf die Sicherheitskräfte und schossen Feuerwerkskörper ab. Auch errichteten sie Barrikaden aus Säcken, Eimern und Metallbarrieren, wie ein AFP-Fotograf beobachtete. "Unser Ziel ist es, Lukaschenko abzusetzen", sagte der 34-jährige Demonstrant Pawel zu AFP. "Er es nicht wert, Präsident zu sein."

Dem bei den Protesten ums Leben gekommenen Mann war nach Angaben des Innenministeriums ein Sprengsatz in den eigenen Händen explodiert. Darüber hinaus wurden laut einer Polizeisprecherin mehrere Menschen bei den Protesten verletzt. Angaben zur Zahl der Verletzten machte sie nicht.

Bereits bei den Demonstrationen am Vortag waren nach Angaben des Innenministeriums mehr als 50 Zivilisten sowie 39 Polizisten verletzt worden. In Minsk und anderen Städten waren in den Stunden nach Schließung der Wahllokale diesen Angaben zufolge insgesamt rund 3000 Demonstranten festgenommen worden.

Tichanowskaja nahm nach Angaben aus ihrem Umfeld nicht selber an den Protesten teil. Auf diese Weise wolle sie "Provokationen vermeiden", sagte Anna Krasulina, die Sprecherin der Präsidentschaftskandidatin, zu AFP. "Die Behörden können jede provokative Situation ummünzen, um sie zu verhaften. Und wir brauchen sie in Freiheit", sagte die Sprecherin über Tichanowskaja.

Zuvor hatte die 37-jährige Oppositionskandidatin klar gemacht, dass sie das offizielle Wahlergebnis nicht anerkennt. Sie betrachte sich als "Gewinnerin dieser Wahl", sagte sie auf einer Pressekonferenz. An die Regierung appellierte Tichanowskaja, diese solle überlegen, "wie sie die Macht friedlich an uns übergeben kann". Lukaschenko warf die Hausfrau und zweifache Mutter vor, sich mit Gewalt an die Macht zu klammern.

Tichanowskaja begab sich nach Angaben ihrer Sprecherin am Montag zur Wahlkommission, um Beschwerde gegen das Ergebnis einzulegen. Danach herrschte Rätselraten über ihren Aufenthaltsort. Das Wahlkampfteam wisse nicht, wo Tichanowskaja sei, sagte Krasulina. Der Außenminister von Litauen, Linas Linkevicius, sagte zu AFP, er habe über mehrere Stunden lang vergeblich versucht, Tichanowskaja zu erreichen. "Das weckt Sorgen hinsichtlich ihrer Sicherheit", fügte der Chefdiplomat hinzu.

Ursprünglich hatte Tichanowskajas Mann, der bekannte Blogger Sergej Tichanowski, bei der Präsidentschaftswahl antreten wollen. Tichanowskaja kandidierte dann an seiner Stelle, nachdem ihr Mann inhaftiert und von der Wahl ausgeschlossen worden war.

by Von Tatiana Kalinovskaya