Ein wenig mehr als zwei Wochen zuvor begann die russische Armee mit Angriffen nördlich und südlich von Awdijiwka. Diese Offensive hat die Situation für die ukrainischen Streitkräfte in der umstrittenen Stadt im Osten der Ukraine jetzt verschlechtert. Militärjournalisten mit guten Verbindungen, wie Jurij Butussow, berichten von einem hart umkämpften Konflikt, bei dem der russische Gegner seine Hauptkräfte nutzt.
Nach Butussows Aussagen hat das russische Militär ein Gebiet von etwa einem Kilometer Breite entlang eines Eisenbahndamms nördlich der Stadt erobert. Es wird erwartet, dass Angriffe über den Damm in Richtung der Dörfer Stepowe und Berdytschi sowie auf das Gelände der wichtigen Koksfabrik in der Stadt erfolgen werden. Laut verschiedenen Quellen hat sich der Versorgungskorridor, der von der ukrainischen Armee kontrolliert wird, auf sechs bis acht Kilometer reduziert. In der schwer beschädigten Industriestadt leben nur noch rund 1.000 Einwohner von ehemals mehr als 30.000. Über 50 Prozent von Awdijiwka sind bereits von russischen Truppen umzingelt.
Der ukrainische Generalstab berichtet, dass in der Nähe der Stadt innerhalb des letzten Tages 15 russische Angriffe abgewehrt wurden, während die russische Armee weiterhin versucht, Awdijiwka zu belagern und dabei auch Flugzeuge zum Einsatz bringt.
Das Institute for the Study of War (ISW) informiert in seinem jüngsten Lagebericht, dass es den russischen Streitkräften kürzlich gelungen ist, nordwestlich von Krasnohoriwka vorzudringen. Krasnohoriwka liegt fünf Kilometer von Awdijiwka entfernt. Die russischen Streitkräfte behaupten zudem, dass sie die Halde nahe der Kleinstadt kontrollieren, was von einem ukrainischen Militärbeobachter bestätigt wurde. Der Leiter der ukrainischen Militärverwaltung Awdijiwkas bestreitet jedoch diese Behauptung und erklärt, dass die Halde eine umkämpfte "Grauzone" ist. Seit mehr als 20 Monaten wehrt sich die Ukraine gegen eine russische Invasion, und die Frontlinie zu den von Moskau unterstützten Separatisten hat sich bereits seit 2014 in der Nähe von Awdijiwka befunden. Die Hauptstadt der russisch kontrollierten Region, Donezk, liegt nur wenige Kilometer südlich. Vor etwas mehr als zwei Wochen hat die russische Armee neue Angriffe nördlich und südlich von Awdijiwka gestartet, während eine ukrainische Gegenoffensive, die Anfang Juni in der Südukraine begann, bislang weit hinter den Erwartungen zurückbleibt.