Der frühere chinesische Ministerpräsident Li Keqiang ist im Alter von 68 Jahren gestorben. Er habe am Donnerstag einen Herzinfarkt erlitten und sei kurz nach Mitternacht in Shanghai verstorben, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua am Freitag. Li war von 2013 bis 2023 zehn Jahre lang Ministerpräsident unter Präsident Xi Jinping und galt als moderat. Der ausgebildete Ökonom, der fließend Englisch sprach, war ein überzeugter Befürworter von Wirtschaftsreformen. Eine Zeit lang war er als möglicher Präsident seines Landes im Gespräch.
Der Sohn eines Parteifunktionärs aus der armen ostchinesischen Provinz Anhui wurde während der von 1966 bis 1976 dauernden Kulturrevolution als Arbeiter aufs Land geschickt. Anschließend studierte Li Jura an der renommierten Universität Peking, wo er nach Aussagen von Kommilitonen westliche und liberale politische Theorien vertrat. Später erwarb er den Doktor-Titel.
Mitte der 1980er Jahre trat Li in den Staatsdienst ein. Während seine ehemaligen Kommilitonen 1989 auf dem Platz des Himmlischen Friedens demonstrierten, arbeitete er als Bürokrat.
Ein ehemaliger Kommilitone an der Universität Peking, Guoguang Wu, sagte der Nachrichtenagentur AFP, Li sei während ihrer gemeinsamen Zeit "jemand mit der Fähigkeit zu unabhängigem Denken" gewesen. "Danach wurde er Regierungsbeamter und diese Fähigkeit schien zu verschwinden."
Unter der Führung des früheren Präsidenten Hu Jintao (2003-2013) stieg Li die Karriereleiter in der regierenden Kommunistischen Partei (KP) hinauf. Er übernahm die Führung der Provinzen Henan und Liaoning, beide Gebiete verzeichneten ein Wirtschaftswachstum.
Für Kritik sorgte Lis Umgang mit einer Infektionswelle mit dem HI-Virus. Durch Schlamperei in einem von der Regierung unterstützten Blutspendeprogramm infizierten sich die Bewohner ganzer Ortschaften.
Später wurde Li zum Stellvertreter des damaligen Ministerpräsidenten Wen Jiabao befördert.
Li versuchte, die großen wirtschaftlichen Herausforderungen Chinas anzugehen. Diese Versuche wurden jedoch durch die Autorität von Präsident Xi eingeschränkt, für den Li einst als Rivale um die Führung der Volksrepublik galt.
Lob bekam Li dafür, das Land relativ unbeschadet durch die globale Finanzkrise geführt zu haben. In seine Amtszeit fiel eine deutliche Machtverschiebung weg von einer eher konsensorientierten Führung hin zu einer stärker konzentrierten Macht des Präsidenten Xi.
Li wurde in China insbesondere in Wirtschaftsfragen als kompetenter Politiker wahrgenommen und stieg 2012 zur Nummer zwei in der KP auf. In seiner Amtszeit begann Chinas Wirtschaft jedoch nach zwei Jahrzehnten des großen Wachstums, sich zu verlangsamen. Als der Politiker in diesem Jahr aus dem Amt schied, hatte China eine der niedrigsten Wachstumsraten seit Jahrzehnten - verursacht durch die Corona-Pandemie und eine Krise auf dem Immobilienmarkt.
Die Ernennung des Xi-Verbündeten Li Qiang als Nachfolger von Li Keqiang in diesem Jahr wurde als Zeichen dafür gewertet, dass seine Reformagenda auf der Strecke geblieben war. In seiner letzten Rede als scheidender Ministerpräsident schlug Li jedoch optimistische Töne an. Er erklärte, Chinas Wirtschaft erhole sich stetig und zeige ein enormes Potenzial und eine Dynamik für weiteres Wachstum.
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