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Dutzende Festnahmen bei Protesten für Freilassung von Nawalny in Russland

Tausende Menschen folgen Aufruf von Kreml-Kritiker zu Demonstrationen

Die russische Polizei hat dutzende Demonstranten festgenommen, die für die Freilassung des inhaftierten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny auf die Straße gegangen sind. Wie die Bürgerrechtsorganisation OWD Info mitteilte, nahmen die Sicherheitskräfte insgesamt 50 Menschen in zehn Städten in Gewahrsam. Zu den Protesten aufgerufen hatte Nawalny nach seiner Verhaftung am vergangenen Sonntag. Nach Angaben seiner Unterstützer begannen die ersten Demonstrationen am Samstag im Osten Russlands.

Unter anderem in den ostrussischen Städten Wladiwostok, Chabarowsk und Tschita gingen nach Angaben von Nawalnys Unterstützern tausende Menschen auf die Straße. In Moskau sollte eine Demonstration für Nawalny um 14.00 Uhr (Ortszeit; 12.00 Uhr MEZ) beginnen. Die Demonstranten wollten sich am zentral gelegenen Puschkin-Platz treffen und von dort zum Kreml ziehen. Auch Nawalnys Frau Julia kündigte ihre Teilnahme an dem Demonstrationszug an. In dutzenden weiteren Städten des Landes wurden Proteste erwartet.

Nawalny war am vergangenen Sonntag direkt nach seiner Rückkehr aus Deutschland in Moskau festgenommen worden. In Berlin war der 44-Jährige nach einem Giftanschlag im August behandelt worden, für den der Oppositionelle den Kreml verantwortlich macht. Am Montag verhängte ein russisches Gericht in einem Eilverfahren 30 Tage Haft gegen ihn wegen Verstoßes gegen Bewährungsauflagen.

Laut Laborergebnissen in Deutschland, Frankreich und Schweden, welche die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) bestätigte, wurde Nawalny mit einem chemischen Nervenkampfstoff aus der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Nawalny wirft dem russischen Geheimdienst FSB vor, hinter seiner Vergiftung zu stecken und beschuldigt den russischen Staatschef Wladimir Putin, den Mordanschlag in Auftrag gegeben zu haben. Die russische Regierung bestreitet jede Beteiligung an der Attacke auf Nawalny.

Nach seiner Verhaftung hatte Nawalny zu landesweiten Protesten für seine Freilassung aufgerufen. Die Polizei kündigte ein hartes Vorgehen gegen die Protest-Teilnehmer an. Bereits im Vorfeld hatte es in Nawalnys Umfeld mehrere Festnahmen gegeben. Das russische Investigativkomitee teilte am Freitag mit, es habe Ermittlungen wegen des Aufrufs zu nicht genehmigten Protesten aufgenommen.

Nawalnys enger Verbündeter Leonid Wolkow sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", Straßenproteste seien "in Russland das einzige Mittel, jemanden aus dem Gefängnis herauszubekommen". Es sei zudem schon vorgekommen, dass russische Oppositionelle zweimal hintereinander vergiftet worden seien. Deshalb sei "der einzige Schutz" für Nawalny "maximale Sichtbarkeit und Unterstützung in der Bevölkerung".

by Von Anna SMOLCHENKO