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Dritter Anlauf im Mordprozess gegen Raser von Berliner Kurfürstendamm

Bundesgerichtshof hob schon zwei Mordurteile gegen Marvin N. auf

Zum dritten Mal muss sich einer der Raser vom Kurfürstendamm vor dem Berliner Landgericht verantworten. Der Prozess gegen Marvin N. begann am Dienstag, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) das Mordurteil gegen N. ein zweites Mal aufgehoben hatte. Der heute 28-Jährige hatte sich im Februar 2016 mit einem anderen Mann, Hamdi H., ein illegales Autorennen geliefert, bei dem ein unbeteiligter 69-Jähriger getötet wurde. Beide Männer wurden 2017 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt - deutschlandweit die ersten Mordurteile in einem solchen Fall.

"Die ganzen Gefühle nochmal hochkommen lassen, das ist emotional sehr belastend", sagte Maximilian Warshitsky, 39-jähriger Sohn des Opfers und Nebenkläger im Prozess. Der BGH hatte die Beweisführung des Berliner Landgerichts im Fall von N. zurückgewiesen und eine neue Beweisaufnahme angeordnet. "Es ist mittlerweile schon Routine", sagte Warshitsky über den neuen Prozess. "Es kommt hier nichts mehr Neues raus."

Tatsächlich wurde der Fall bereits ausführlich verhandelt. Nachdem N. und H. im Februar 2017 wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt worden waren, kassierte der BGH die beiden ersten Urteile im März 2018.

Der zweite Prozess platzte nach einem erfolgreichen Befangenheitsantrag gegen die zuständige Strafkammer und endete im März 2019, im zweiten Anlauf, mit neuen Mordurteilen gegen beide Angeklagte. Diesmal hatte das Urteil gegen H. Bestand - sein Wagen war direkt mit dem von Michael W. kollidiert. Doch das Urteil gegen N. kassierte der BGH im Juni 2020 erneut.

Laut BGH sei die Verurteilung wegen mittäterschaftlich begangenen Mordes nicht rechtskräftig, "weil die Beweisführung des Landgerichts die Feststellung eines gemeinsamen, auf die Tötung eines Menschen gerichteten Tatentschlusses nicht trägt". Darum muss das Landgericht nun erneut über N.s Fall entscheiden.

Der Vorsitzende Richter betonte, dass der BGH zwar mit der Beweisführung unzufrieden gewesen sei, prinzipiell aber keine Schlussfolgerungen ausgeschlossen habe. Der Ausgang des Verfahrens sei also völlig offen.

Zum Prozessauftakt äußerte sich der Angeklagte nicht, ließ seinen Anwalt aber erklären, dass er voraussichtlich am dritten Prozesstag aussagen werde. Auch der bereits rechtskräftig verurteilte H. ist für den 10. November geladen.

Der Prozess begann nur wenige Tage nach der Verhaftung des mutmaßlichen Verursachers eines weiteren schweren Autounfalls in Zusammenhang mit einem illegalen Straßenrennen auf dem Kurfürstendamm. Zwei Menschen wurden dabei schwer verletzt, eine 45-Jährige liegt noch immer im Koma.

Bereits Anfang 2019 hatte der BGH erstmals ein Mordurteil gegen einen Mann bestätigt, der mit einem gestohlenen Taxi auf der Flucht vor der Polizei einen tödlichen Unfall verursacht hatte. In München wurde im September ein Raser wegen Mordes angeklagt, der im November 2019 auf der Flucht vor der Polizei als Geisterfahrer einen 14 Jahre alten Jungen überfahren und getötet haben soll.

Für Warshitsky ist es deshalb längst überfällig, dass der Prozess um den Tod seines Vaters klare rechtliche Verhältnisse schafft. "Es geht um mich, meine Familie, meinen Vater und alle anderen die zu Schaden gekommen sind", sagte er. "Wir müssen diskutieren, wie wir etwas verändern können".

by Von Felix HOFFMANN