Der ehemalige Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, hat in Rom das Ruder übernommen, um Italien aus der Regierungskrise zu steuern. Wie ein Sprecher des Präsidentenpalasts am Freitag mitteilte, nahm Draghi offiziell das Amt des Ministerpräsidenten an. Nach einem Treffen mit Staatspräsident Sergio Mattarella stellte der Ex-EZB-Chef die Liste der Minister in seinem künftigen Kabinett aus Politikern und Experten vor.
Das wichtige Amt des Wirtschaftsministers geht an den Generaldirektor der italienischen Zentralbank, Daniele Franco. Der 67-Jährige gilt als einer der größten Experten für das Finanzwesen Italiens. Bei einer Reihe weiterer Posten setzte Draghi hingegen auf Kontinuität: Der Fünf-Sterne-Politiker Luigi Di Maio soll weiterhin das Amt des Außenministers bekleiden und Roberto Speranza bleibt inmitten der Corona-Pandemie Italiens Gesundheitsminister.
Draghi kündigte auch die Schaffung eines "Super-Ministeriums für den ökologischen Wandel" an und stimmte damit einer Forderung der Fünf-Sterne-Bewegung zu, die bis zuletzt gezögert hatte, dem Ex-EZB-Chef ihre Unterstützung auszusprechen. Das Ministerium soll von dem Physiker Roberto Cingolani geleitet werden, der die Abteilung für technologische Innovation beim italienischen Luft- und Raumfahrtkonzern Leonardo leitet.
Am Donnerstag hatte als letzte große Partei auch die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) in einer Online-Abstimmung mehrheitlich für den Eintritt in das neue Koalitionsbündnis votiert und somit den Weg frei gemacht für eine Regierung der nationalen Einheit unter Draghi.
Draghi wird am Samstagmittag vereidigt, in der kommenden Woche muss er sich dann Vertrauensabstimmungen in der Abgeordnetenkammer und im Senat stellen. Auf den neuen Regierungschef warten große Herausforderungen: Er muss Lösungen für die Gesundheits- und Wirtschaftskrise im Land finden.
Wie viele andere Länder der Europäischen Union ist Italiens Corona-Impfkampagne aufgrund von Lieferschwierigkeiten mit den Vakzinen in Verzug geraten. Das Land benötigt dringend die Corona-Hilfszahlungen der Europäischen Union in Höhe von 220 Milliarden Euro. Die Mitte-links-Koalition von Ex-Ministerpräsident Giuseppe Conte war allerdings am Streit um die Verwendung dieser Mittel zerbrochen.
Italien war das erste europäische Land, das mit voller Wucht von der Corona-Pandemie getroffen wurde. Die Wirtschaft rutschte in die schwerste Rezession seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Inmitten dieser Krisen war das Land fast einen Monat lang ohne voll funktionsfähige Regierung.
by Von Alexandria SAGE