Von einer manierlichen, würdevollen und inhaltlich geprägten Debatte war das erste TV-Duell zwischen dem amtierenden US-Präsidenten Donald Trump (74) und seinem demokratischen Herausforderer Joe Biden (77) Dienstagnacht in Cleveland meilenweit entfernt. Beide Politiker griffen sich persönlich an und fielen sich chaotisch ins Wort - daran konnte auch Moderator Chris Wallace (72) nichts ändern.
Wallace, der vor vier Jahren ebenfalls eine Präsidentschaftsdebatte zwischen Trump und der damaligen demokratischen Kandidatin Hillary Clinton (72) moderiert hatte, brachte eine Reihe von Themen ins Spiel, darunter den Obersten Gerichtshof, die Coronavirus-Pandemie, die Wirtschaft und die landesweiten Unruhen, die durch die Polizistenmorde an George Floyd, Breonna Taylor und anderen ausgelöst worden waren. Inhaltlich hatten die beiden allerdings nicht viel Neues zu verkünden.
Weniger als zehn Minuten nach ihrem Beginn hatte sich die Debatte in ein gereiztes Hin und Her verwandelt. Doch auch Biden lehnte sich verbal aus dem Fenster: "Ich bin nicht hier, um seine Lügen zu verbreiten. Jeder weiß, dass er ein Lügner ist", war von ihm zu hören. Als Trump immer wieder auf Fragen antwortete, die Biden hätte beantworten sollen, wurde Biden richtig wütend: "Halten Sie mal die Klappe, Mann!" Außerdem beschimpfte er Trump als "Rassisten", "Clown" und "Putins Welpen".
Trump teilte aber ebenfalls aus: Biden habe in seinem Leben nichts erreicht habe. In einem der erbittertsten Wortgefechte der Nacht griff er Bidens Sohn Hunter (50) an und beschuldigte ihn, wegen Kokainkonsums aus dem Militär geworfen worden zu sein und fragwürdige Millionen von US-Dollar aus der Ukraine angenommen zu haben. Biden lenkte das Gespräch daraufhin auf seinen an Krebs verstorbenen Sohn Beau (1069-2015): "Mein Sohn war im Irak. Er verbrachte dort ein Jahr. Er war kein Verlierer. Er war ein Patriot. Ich spreche von meinem Sohn Beau Biden." Darauf Trump: "Ich kenne Beau nicht. Ich kenne Hunter."
Nach der hitzigen Debatte wurden die Kontrahenten jeweils von ihren Ehefrauen Melania Trump (50) und Dr. Jill Biden (69) aus der Wahlkampf-Arena geführt. Die First Lady trug dabei einen schwarzen Hosenanzug über einer weißen Bluse, Bidens Gattin ein dunkelgrünes Satinkleid. Letztere behielt als einzigen den Mund-Nasen-Schutz durchgehend auf.
Bei den Zuschauern kam das Streitgespräch nicht sonderlich gut an. 69 Prozent der Befragten einer CBS-Blitzumfrage seien darüber sogar verärgert gewesen. Das Duell war das erste von drei geplanten 90-minütigen Diskussionen zwischen den Kandidaten vor der US-Wahl am 3. November. In der kommenden Woche werden sich zudem Vizepräsident Mike Pence (61) und die kalifornische Senatorin Kamala Harris (55), Bidens Vizekandidatin, in einer TV-Debatte gegenüberstehen.