Vollständig geimpfte Menschen können ihren Impfstatus künftig mit einem digitalen Zertifikat auf dem Handy nachweisen: Ab Donnerstag wird der Digital-Pass den Bürgerinnen und Bürgern schrittweise zugänglich gemacht, wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in Berlin ankündigte. Ziel sei es, dass das digitale Impfzertifikat - der "CovPass" - bis Ende Juni allen zur Verfügung steht, die Anspruch darauf haben. Der Nachweis soll den Inhabern mehr Freiheiten in der Pandemie erlauben.
Ausgegeben wird der digitale Impfnachweis von Impfzentren, Arztpraxen und Apotheken. Die knapp 20 Millionen Menschen in Deutschland, die schon einen vollständigen Impfschutz haben, können sich den Pass nachträglich ausstellen lassen.
Spahn appellierte bei der Vorstellung des Impfnachweises allerdings an die Geduld der Menschen: "Bitte gehen Sie nicht alle gleichzeitig am Montag in die Arztpraxen und Apotheken", sagte er. Wer den Nachweis nicht dringend brauche, solle noch etwas warten.
Ab Juli soll der Digital-Pass dann auch für das grenzüberschreitende Reisen in der EU genutzt werden können. "Das Ziel ist, dass auch in Helsinki, Amsterdam und Mallorca dieses Impfzertifikat gelesen werden kann", sagte Spahn. "Damit setzen wir als Europäische Union auch Standards für den internationalen Reiseverkehr."
Nutzer können sich dafür ab sofort eine neue App namens "CovPass" aus den gängigen App-Stores auf das Handy herunterladen. Außerdem soll der Impfnachweis auch über eine aktualisierte Version der bereits bestehenden Corona-Warnapp angezeigt werden können.
Der digitale Impfpass soll das traditionelle gelbe Impfbuch nicht ersetzen, sondern nur ergänzen. Im Alltag soll das zu Erleichterungen führen: Die Bürgerinnen und Bürger müssen dann nicht immer den gelben Impfpass mit sich führen, um ihren Impfstatus nachzuweisen. Dies kann etwa bei Restaurantbesuchen oder bei Kulturveranstaltungen nützlich sein, falls dort ein Impfnachweis verlangt wird. Den Betrieben wird eine spezielle Kontroll-App zur Verfügung gestellt, um die Nachweise dann zu verifizieren.
Laut Spahn soll es drei Anlaufstellen geben, wo sich Bürgerinnen und Bürger den digitalen Impfnachweis besorgen können. Sie können sich zum einen an das Impfzentrum oder die Arztpraxis wenden, wo sie die Zweitimpfung erhalten haben.
Außerdem werden die Impfzentren den bereits Geimpften einen Code zuschicken, mit dem dann auf dem Handy der Digital-Pass heruntergeladen werden kann. Der Versand der Codes soll laut Spahn in diesen Tagen beginnen - sofern den Zentren die Adressen der Geimpften vorliegen.
Die dritte Möglichkeit besteht darin, den Digital-Pass in einer Apotheke zu erhalten - gegen Vorlage eines Impfnachweises und eines Personalausweises. Die ersten Apotheken haben laut Spahn damit schon begonnen.
Apotheken sollen für die nachträgliche Ausstellung des "CovPass" eine Vergütung von 18 Euro bekommen, sagte Spahn. Arztpraxen sollen eine Vergütung im "niedrigen einstelligen Bereich" erhalten, wenn sie die Pässe mit der angebotenen Software ausstellen.
Der Deutsche Hausärzteverband kritisierte den Digital-Pass als unausgegoren. "Der 'CovPass' ist ein erneutes Beispiel dafür, wie Projekte erst jahrelang verschlafen und dann plötzlich übers Knie gebrochen werden", sagte der Verbandsvorsitzende Ulrich Weigeldt den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Vor drei Jahren haben wir bereits einen digitalen Impfnachweis gefordert, damals war nichts passiert." Nun werde mit der heißen Nadel eine Zwischenlösung gestrickt, die viele Fragen offen lasse.
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts waren am Donnerstag 19,9 Millionen Menschen in Deutschland vollständig geimpft. Damit hätten sie Anspruch auf den digitalen Impfnachweis. Insgesamt 39,1 Millionen Menschen haben mindestens eine Impfung erhalten - das entspricht 47 Prozent der Bevölkerung. Allein am Mittwoch wurden den Angaben zufolge knapp 1,3 Millionen Impfungen verabreicht - dies war bislang die zweithöchste an einem Tag erzielte Zahl.
by Soeren Stache