Vor einem Jahr wurde die Tictwatch 1 des Start-Ups Mobvoi offiziell vorgestellt und in China begann auch umgehend der Verkauf. Aber Moment mal: Wer ist eigentlich Mobvoi? Das Start-Up wurde von den ehemaligen Google-Forschern Zhifei Li und Mike Lei gegründet. Da verwundert es mich nicht dass Google als Großinvestor mit drinsteckt. Angeblich soll Google fast 60 Millionen US-Dollar investiert haben. Wie ich herausfinden konnte, will Google auf diese Weise Android Wear für China weiter voran bringen. Dank der freundlichen Unterstützung von TradingShenzen konnte ich die Smartwatch testen und wie sich das ganze geschlagen hat, erfahrt ihr in meinem Testbericht.
Die Verpackung kommt in einem schlichten und edlen Schwarz daher, auf der Ober- sowie Frontseite ist der Name „Ticwatch“ in Schwarz eingestanzt. Auf der Rückseite steht der Slogan „Time In Control“. Alle wichtigen technischen Daten der Smartwatch finden sich noch am Unterboden der Verpackung.Das Innere ist mit einem samtweichen Stoff bezogen, damit die Ticwatch auch gut geschützt ist und es verleiht dem Ganzen auch einen edlen Eindruck. Im Inneren der Verpackung finden sich eine Anleitung und eine Garantie auf Chinesisch. Neben den Papiergedöns darf ein USB-Kabel, Netzstecker für China und eine Wireless QI-Ladeschale nicht fehlen.
Eine Uhr ist heutzutage durchaus mehr als ein langweiliger Zeitmesser – sie gilt bei manchen sogar als Statusobjekt und ist für meisten Uhrenträger wohl das persönlichste Schmuckstück.Das hat Mobvoi erkannt und sich im Gegensatz zur der Konkurrenz auch auf die Optik der Smartwatch konzentriert. Für das Gehäuse setzen die Chinesen auf ein hochwertiges gebürstetes Aluminium, welches zum Vergleich zur Samsung Gear S2 Smartwatch etwas größer ist. Allerdings stört das mich persönlich in keiner Weise.
Ich mag es etwas größer und nicht so winzig.Auf der Frontseite befindet sich das 1.5 Zoll große komplett runde und von Corning Gorilla Glas 3 vor lästigen Fingerabdrücken und Kratzer geschützte Display. Auf der linken Seite sitzt der Einschaltknopf, welcher ebenfalls aus hochwertigem Aluminium besteht. Der Button sitzt fest im Gehäuse, wodurch es kein Wackeln oder ähnliches gibt. Bei dem Druckpunkt gibt es nichts meckern. Unterhalb des Buttons sitzt noch ein Mikrofon für Sprachbefehle.
Direkt auf der gegenüberliegenden Seite sitzt ein Touchpanel über welches man neben dem eigentlichen Touchscreen die Uhr ebenfalls steuern kann. Als alter Pebble Nutzer mit Vorliebe für Knöpfe an der Smartwatch finde ich dies persönlich ein sehr nützliches Feature, da man die Uhr auch mal „blind“ bedienen oder die Lautstärke der Musik leiser/lauter stellen kann ohne sie aus dem Standby zu holen.
Auf der Unterseite der Uhr befindet sich noch der Pulsmesser, aber einen Ladeport sucht man vergeblich: Die Uhr wird drahtlos über die Qi-Ladeschale aufgeladen.Unter dem Pulsmesser befindet sich noch ein kleiner Lautsprecher zum Telefonieren, für Benachrichtigungen und dem Wecker. Jedoch darf man bei dem winzigen Lautsprecher kein Soundwunder erwarten. Der Lautsprecher klingt eher blechern und ist einfach viel zu Leise für solche Dinge. Aus diesem Grund hab ich den Lautsprecher eher selten genutzt und die Uhr stand bei mir nahezu immer auf Vibration.
Das Lederarmband bietet eine gute Verarbeitung und weist bereits nach knapp zwei Wochen für Leder typische Gebrauchsspuren auf. Lässt sich auch nicht vermeiden.Die Ticwatch kommt mit einem ganz normalen 22 mm breiten Anschluss für Armbänder daher und kann somit jedes standardkonforme Armband mit 22 mm Breite nutzen. Schade finde ich, dass die Vibrationen bei neuen Benachrichtigungen etwas schwächer und dezenter ausfallen als bei meiner Pebble Time Steel.
Beim Display setzen die Chinesen auf ein 1.5 Zoll großes Display mit einer Auflösung von 320×320 Pixel, woraus sich eine Pixeldichte von 261 ppi ergibt. Wie bei nahezu allen aktuellen Smartwatch-Modellen haben sich die Macher der Ticwatch ebenfalls für ein komplett rundes Display entschieden. Jedoch ohne den störenden Flat-Tire-Teil für Sensoren, den man von der Motorola 360 Smartwatch kennt. Als kleines Designmerkmal steht das Glas ein kleinwenig über das Gehäuse hinaus. Scheinbar handelt es sich um eine Art 2.5D Glas für Uhren. Damit wird das wunderschöne Design abgerundet.
Für das Panel hat sich Mobvoi für ein transflektives IPS-Panel entschieden, was den Vorteil bietet, einen niedrigeren Stromverbrauch und eine bessere Ablesbarkeit bei direktem Sonnenlicht zu haben, verglichen mit einem klassischen LC-Display. Trotzdem kommt das Display nicht an das E-Paper Panel meiner Pebble heran. Die Helligkeit geht in Ordnung und reicht im Freien völlig aus. Meine Sony Smartwatch 2 hatte durch das transflektive Display permanent einen leichten Gelbstich. Bei der Ticwatch wurde das ganz clever gelöst: Sobald Sonnenlicht auf Display trifft, macht sich dieser Effekt bemerkt.
Angetrieben wird die Ticwatch Smartwatch von einem MediaTek MT2601 Prozessor, dessen beide CPU-Kerne jeweils mit bis zu 1.2 GHz getaktet ist. Hierbei handelt es sich um einen ganz neuen SoC, der speziell für die Rahmenbedingungen von Weareables entwickelt wurde, welcher mittlerweile auch Android Wear unterstützt. Der Arbeitsspeicher ist 512 MB groß und der interne Speicher für Musik, Apps sowie andere Daten ist fast schon klassische 4 GB groß. Bis auf den MediaTek-Prozessor findet man die Hardware in jeder Android Wear Smartwatch wieder. Trotz der beiden Kerne verglichen mit den Snapdragon-Prozessoren bei der Konkurrenz hat der MediaTek MT2601 genug Power unter der Haube damit die Uhr Ruckelfrei und flüssig läuft.
Die Verbindung mit dem Smartphone erfolgt über Bluetooth 4.1 LE und des Weiteren bietet die Ticwatch auch WLAN b/g/n an. Im Grunde wäre die Ticwatch auch ohne verbundenem Smartphones nutzbar, aber da machen leider einige der Ticwatch-eigenen Apps einen Strich durch die Rechnung, aber dazu später mehr.Der verbaute Akku besitzt eine Kapazität von 300 mAh und der Hersteller gibt eine Ausdauer von bis zu 2 Tagen an. Trotz des Stromsparenden transflektiven Displays komme ich mit aktivem Always-On Modus auf eine Laufzeit von gut 1.5 Tagen.
Aufgeladen wird die Smartwatch über die Qi-Ladeschale. Lobenswerterweise legen die Chinesen ein Netzteil und ein langes MicroUSB-Kabel gleich dazu. Mit der mitgelieferten Ladeschale wurde die Smartwatch fix in einer halben Stunden einmal komplett aufgeladen. Ähnlich wie bei der Motorola-Smartwatch gibt es ebenfalls einen speziellen Nachtmodus, womit man die Uhr auch als Nachttischuhr nutzen kann. Sieht wirklich schick aus. Übrigens klappt das Laden auch mit meiner QI-fährigen Nachttischlampe von IKEA.
Während die meisten Smartwatches mit Googles Android Wear laufen – Modelle von Samsung wie die Gear S2 mit Tizen bilden die Ausnahme – setzt die TicWatch auf ein natives Android. Dies hat Vor- als auch Nachteile. Ein Vorteil ist zum Beispiel, dass die Smartwatch sowohl mit Android-Smartphones ab Android 5.0 Lollipop als auch mit dem iPhone ab iOS 7.0 kompatibel ist. Der Nachteil ist auf der Kehrseite eine teilweise Inkompatibilität mit Google Fit oder Apples Health-App. Für die Verbindung mit dem Smartphone braucht man trotz allem eine Companion-App. Anfangs gab es die App noch im Google Play Store, jedoch wurde sie aus mir nicht näher bekannten Gründen wieder entfernt.
Daher steht die App bis auf Weiteres nur unter Ticwatch.cn zum Download bereit. Drittquellen ieten sie zwar auch an, aber diese sollten immer mit besonderer Vorsicht zu genießen sein. Nicht nur wenn diese aus China stammen. Einen weiteren Haken gibt es noch: Man braucht zwingend eine chinesische Handynummer, um die Ticwatch sowie die Apps der Uhr überhaupt korrekt nutzen zu können.Anfangs gab es auch einen Gastmodus, womit man die Uhr völlig frei nutzen konnte, um Funktionen wie Einstellungen anpassen, Benachrichtigungen empfangen und dergleichen konnte. Nach einem Update der App, welches ohne mein Zutun geschah, wurde besagter Gastmodus entfernt, womit ich noch alle Einstellungen und Anpassungen machen konnte.
Dummerweise hat sich die Uhr gleich mit selbst aktualisiert und auf die Werkseinstellungen zurückgesetzt. Blöd ist daran, dass die Uhr für mich nun unbrauchbar ist aufgrund der fehlenden chinesischen Handynummer. Der Hersteller hatte im Juni eine internationale Firmware für die Ticwatch angekündigt, was mir Mobvoi auf Anfrage auch nochmals versichert hat. Aber es hat den Anschein, dass Mobvoi die ursprünglichen Pläne über Bord geworfen hat und sicher lieber auf den Nachfolger Ticwatch 2 konzentriert – die es übrigens direkt zum Start in einer internationalen Version geben soll. Somit ist die geplante internationale Firmware für die Ticwatch 1 aufs Abstellgleis geschoben.Ansonsten ist man auf die App-Auswahl von Mobvoi beschränkt, die sich bereits auf der Uhr befinden. Im Großen und Ganzen reichen diese jedoch aus.
GesundheitsApp
Für das Tracking seiner Fitness- und Schlafdaten stehen diverse eigene Apps zur Verfügung:
System-Apps
Im Grunde steht der Benachrichtigung am Handgelenk also nichts im Wege, da fast alle Apps des verbundenen Smartphones ihre Benachrichtigungen auf die Uhr schicken können. Sogar Telefonieren a la Knightrider ist dank des eingebauten Mikrofons möglich. Anfangs dachte ich ja noch, dass ich mit dem winzigen Lautsprecher meinen Gesprächspartner kaum verstehen könnte – aber falsch gedacht, es klappt erstaunlich gut und ich wurde auch deutlich verstanden. Aber nur so lange man sich auch in einer ruhigen Umgebung findet, wo keinerlei laute Geräusche im Hintergrund sind.
Die Pulsmessung erfolgt über die zwei LED’s auf der Rückseite. Die Messung selbst muss ich immer selber anstoßen, ein automatisches Messen in bestimmten Intervallen ist nicht möglich. Nach einem 3 stöckigen Treppenaufstieg hatte die Ticwatch 96 Schläge in der Minute ermittelt und das Xiaomi Miband2 kam auf 99 Schläge pro Minute. Neben dem Puls erfasst die Uhr auch die zurückgelegten Schritte. Im direkten Vergleich zu meinen MiBand2 von Xiaomi lagen die Werte um gut 5 bis 10 Prozent auseinander. Allerdings sollte man sich immer vor Auge halten, dass es sich um keine professionellen Schrittzähler bzw. Pulsmesser handelt.
DIe Kalender-App geht über mehr als nur eine reine Monatsübersicht hinaus. Einzelne Tage im Kalenders mit einem Termin sind zum Beispiel zwar farblich markiert, aber man sieht nicht um welche Termine es sich genau handelt. Zudem erscheint es mir so, dass der Kalender nicht wirklich an das Runde Display angepasst ist. Der Wechsel zwischen den Monaten erweist sich als sehr hackelig. Hingegen ist die Stoppuhr und der Wecker wiederum absolut zuverlässig. Mit dem eingebauten Audioplayer lässt sich keine Musik über den internen Lautsprecher abspielen, was auch gut so ist. Meiner Meinung nach die Sache mit dem kleinen Lautsprecher euch keinen wirklichen Sinn. Aber man kann über die Uhr die Musik auf dem Smartphone steuern, zum Beispiel über das seitliche Touchpanel die Musik leiser oder lauter machen, was in der Praxis auch gut klappt. Laut Hersteller kann man seine Musik auf der Uhr speichern und diese dann mit seinem Bluetooth-Kopfhörer verbinden. Letzteres konnte ich leider nicht testen, da mir wie schon mehrfach erwähnt die chinesische Handynummer für die Begleit-App zur Anmeldung fehlt. Doofe Sache das Ganze. Hingegen hat das Verbinden der Kopfhörer bestens funktioniert.
Nun kommen wir wohl zum wichtigsten Punkt und das ist die Zusammenarbeit mit dem Smartphone selbst: Die Benachrichtigungen auf der Ticwatch. Nach dem ersten Einrichten sind sämtliche Benachrichtigungen die ein Smartphone so von sich gibt schon aktiv. Wem das zu anstrengend ist, dass die Uhr am Handgelenk alle paar Minuten vibriert und piept, der kann in der TicWatch-App die Benachrichtigungen nach seinen Wünschen anpassen.Dies hab ich auch für die einschlägigen Messenger und sozialen Netzwerke wie Google Hangouts, Telegram, WhatsApp und Google Plus gemacht. Theoretisch könnte ich per Sprache auf Nachrichten antworten, aber praktisch funktioniert das nur in der chinesischen Sprache. Ebenfalls in der chinesischen Sprache gibt es einen Sprachassistenten ähnlich wie Google Now aber leider konnte ich ihn auf Grund der fehlenden Sprachkenntnisse nicht testen.
Mit einem Klick lässt sich auch die App der zugehörigen Benachrichtigung öffnen, was fast immer geklappt hat. Durch einen Zufall hab ich herausgefunden, dass die Uhr mit Android Wear kompatibel ist, aber nur mit der chinesischen Version davon. Über den Mobvoi Store kann man sich noch weitere Apps herunterladen. Die Auswahl der Apps ist im Moment jedoch noch als sehr bescheiden zu bezeichnen.
Die TicWatch hat 7 verschiedene Watchfaces ab Werk an Bord, die von durchaus hübsch bis hin zu typisch chinesischem Kitsch reichen. Einige Watchfaces lassen sich sogar ein wenig anpassen – zum Beispiel die Farbe des Zeigers oder der Hintergrund. Wem das nicht reicht, kann sich mit der App „Watch Maker“ seine eigenen Watchfaces gestalten, was ich auch jedem Nutzer empfehlen möchte. So sieht die Uhr einfach schicker und individueller aus.
Bei der Verarbeitungsqualität kann man bei der Mobvoi TicWatch absolut nicht meckern. Sie ist auf hohem Niveau, die Uhr fühlt sich extrem hochwertig an und das Tragen ist auch äußerst angenehm. Dank des hellen und transflexiven Displays lässt sich die Uhr auch gut bei Sonnenschein ablesen, zumal das Display auch wirklich rund ist. Dafür fehlt ihr auch ein Helligkeitssensor wie er von Motorola genutzt wird. Bei der Performance hinterlässt der verbaute Mediatek Dual-Core stets eine gute Figur. Es ist wie erwähnt zwar „nur“ ein Dual-Core, aber der reicht auch vollkommen aus und macht meiner Meinung mehr Sinn in einer Smartwatch als ein Quad-Core. Ruckeln oder Aussetzer sucht man vergebens. TicOS macht auch einen guten Eindruck und bietet durchaus sinnvolle Features – wenn da nur nicht die Probleme mit der chinesischen Nummer und dem Gastaccount wären. Anderenfalls würde ich meine volle Empfehlung aussprechen aber so macht es leider keinen Sinn und ich kann nur einen kleinen Vorgeschmack auf den Nachfolger vermitteln und hoffen, dass Mobvoi dieses Mal Wort hält bezüglich der internationalen Firmware.