Mit seinen Aussagen über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD hat CDU-Chef Friedrich Merz (67) einen Richtungsstreit in der Union losgetreten.
Im ZDF-Sommerinterview am Sonntag sagte Merz, dass es keinerlei Zusammenarbeit in Landesparlamenten oder im Bundestag geben werde. In Landkreisen und Kommunen sei dies aber nicht immer vermeidbar: „Wenn dort ein Landrat, ein Bürgermeister gewählt wird, der der AfD angehört, ist es selbstverständlich, dass man nach Wegen sucht, wie man dann in dieser Stadt weiter arbeiten kann.“
Nach einer Welle der Kritik ruderte Merz – nicht zum ersten Mal – zurück: „Um es noch einmal klarzustellen, und ich habe es nie anders gesagt: Die Beschlusslage der CDU gilt. Es wird auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD geben.“ Doch der Schaden ist da. So deutlich wie noch nie stellten sich prominente Unions-Politiker GEGEN den CDU-Chef.
In einer Sitzung des CSU-Parteivorstands sprach Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (56) nach BILD-Informationen von einem „Fehler“ und erklärte: „Die Debatten schaden uns enorm.“ Söder setzte sich deutlich von Merz ab und erklärte: „Wir machen keine Rechtsaußen-Schlenker im Ton wegen ein oder zwei Prozent. Ich bin nicht bereit, den Anstand und das Gewissen der CSU zu riskieren.“ Auch CDU-NRW-Generalsekretär Paul Ziemiak (37) lehnt jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ab.
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen (58) maßregelte seinen Parteichef öffentlich per Twitter und erklärte: „Die CDU hat verbindlich ein einschränkungsloses Kooperationsverbot mit der AfD beschlossen.“ Und Ex-Saarland-Ministerpräsident Tobias Hans (45, CDU) wütete: „Das ist nicht erträglich und kann nicht stehen bleiben. Der Parteitagsbeschluss besagt, dass jegliche Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen ist.“
CDU-Wirtschaftsexpertin Julia Klöckner (50) stellt sich gegenüber BILD hinter Merz und betont, dass er der richtige Vorsitzende sei. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister und CDU-Chef Sven Schulze (43) gibt vorsichtige Rückendeckung und erklärt, dass es ein Unterschied sei, ob man auf kommunaler Ebene oder im Bundestag debattiere.
Die CDU hatte beschlossen, nicht mit der AfD oder der Linkspartei zusammenzuarbeiten. In einem Parteitagsbeschluss heißt es: „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“
Zuletzt wurde im Landkreis Sonneberg (Thüringen) erstmals ein AfD-Landrat gewählt. In der Kleinstadt Raguhn-Jeßnitz (Sachsen-Anhalt) stellt die AfD erstmals einen hauptamtlichen Bürgermeister. Darauf bezogen sich auch Merz’ Aussagen – von denen er sich nun selbst distanziert.