Angesichts des neuen Deutschlands in dem wir heute aufwachen fragen sich viele:
Wie konnte es soweit kommen?
Noch vor ein paar Tagen waren Grenzschließungen undenkbar, vor einer Woche waren Schul- und Kita-Schließungen unmöglich und vor ein-zwei Monaten war Corona noch weniger gefährlich als die Grippe und ein Problem, dass sich nicht wesentlich über Chinas Grenzen hinaus verbreiten wird.
Das zumindest haben wir verstanden, wenn wir dem Prof Dr Wieler vom Robert-Koch-Institut im Januar bei seinen öffentlichen Statements aufmerksam zuhörten. Und wenn wir dem Gesundheitsminister bei seiner Arbeit in den öffentlich-rechtlichen Talkshows verfolgten.
Und gut unterhalten machten wir es uns gemütlich in Politik, Medien, Gesellschaft und klickten durch die Bilder der absoluten Katastrophe, die in China seinen Ausgang nahm und bereits in Südkorea, Japan und Taiwan wütete und nun auch schon in den USA aufkeimte.
Tote in chinesischen Krankenhausfluren, bis an die Grenze der Verzweiflung entsetztes Krankenhauspersonal. Abriegelung von Millionen von Menschen. Ausgangssperren. Massenquarantäne.
Wenn die Bilder des Horrors doch den einen oder anderen von uns beunruhigten, fanden wir Ruhe in der Gewissheit, dass unser Gesundheitssystem das beste der Welt ist. China ja dazu auch noch eine Diktatur und von daher natürlich nicht mit uns zu vergleichen ist.
Als die Katastrophe vor einigen Wochen nach Italien kam, schauten wieder einige verunsichert in die Gesichter unserer Politik, bangend der frage, ob denn jetzt die Zeit zum Handeln gekommen sei.
Und auch hier fanden wir Ruhe in den ebenmäßigen Zügen unseres Gesundheitsministers als er uns im TV erklärte, dass aufmerksame Gelassenheit nun das Gebot der Stunde war. Grenzschließungen beispielsweise sehr falsch wären. Denn unser Gesundheitssystem sei Grenzüberschreitend, eine Grenzschließung wäre ein Problem für unsere kleineren Nachbarn, besonders für die Schweizer zu denen viele Ärzte und Schwestern täglich pendelten um dort deren Gesundheitssystem am Laufen zu halten. Gut fühlte sich das an. Unser weltbestes Gesundheitspersonal kümmert sich nicht nur um uns, sondern auch noch um unsere lieben Nachbarn.
Und dann waren sie da. Die Coronaviren in allen Bundesländern. Hilferufe Italienischer Ärzte auf Facebook und die Gewissheit, dass auch unser Gesundheitswesen nicht alle Patienten behandeln werden kann, die jetzt in Scharen auf uns zukommen, wenn wir nicht massiv handeln und unser bekanntes Deutschland abbauen und ein neues Deutschland aufbauen. Ein strenges, einsames Deutschland.
Ein Deutschland ohne Restaurants, Hotels, Bars und Diskotheken.
Ein Deutschland ohne Kinderspielplätze.
Ein Deutschland ohne Konzerte und ohne Theater.
Ein Deutschland ohne soziales Zusammenleben.
Ein neues, strenges Deutschland, dass die Grenzen zu seinen Nachbarn schließt und mit Exporthindernissen an EU Mitglieder die Errungenschaften der EU faktisch abwickelt.