Angesichts der angespannten Lage auf der italienischen Insel Lampedusa ist Deutschland grundsätzlich zur freiwilligen Aufnahme weiterer Migranten aus Italien bereit. Aktuell fänden aber nach wie vor keine Interviews mit Geflüchteten zur Vorbereitung von weiteren Übernahmen aus Italien statt, teilte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums am Samstag auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP mit. "Diese können aber jederzeit wieder aufgenommen werden", fügte er hinzu. Zum Zeitpunkt der Wiederaufnahme machte er keine Angaben.
Die Bundesregierung hatte das freiwillige Aufnahmeprogramm im August ausgesetzt - auch aus Protest dagegen, dass Italien sich derzeit gegen die Rücknahme von Geflohenen nach den sogenannten Dublin-Regeln sperre.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte am Freitagabend in der ARD mit Blick auf die Ankunft zahlreicher Migranten auf Lampedusa, es sei "natürlich klar, dass wir unseren solidarischen Verpflichtungen auch nachkommen". Dies hatte die Frage aufgeworfen, ob Deutschland nun wieder das freiwillige Aufnahmeprogramm fortsetze.
Der Sprecher ihres Ministeriums erklärte gegenüber AFP: "Die Bundesinnenministerin hat betont, dass sich Deutschland immer solidarisch gezeigt hat und dies auch weiter tun wird. Wir sehen die Lage in Lampedusa mit großer Sorge." Deutschland werde "seiner humanitären Verantwortung durch die Aufnahme und Versorgung einer großen Zahl von Geflüchteten gerecht", erklärte er weiter. "Das gilt auch für Aufnahmen über den freiwilligen Solidaritätsmechanismus."
Im Rahmen der freiwilligen Aufnahme hatte Deutschland zugesagt, bis zu 3500 Schutzsuchende aus Staaten an der südlichen EU-Außengrenze aufzunehmen, wo derzeit besonders viele Migranten ankommen. Laut Bundesinnenministerium wurden bislang mehr als 1700 Schutzsuchende aufgenommen - rund tausend davon aus Italien. Weitere hätten bereits eine Zusage für die Aufnahme erhalten, die nicht von der Aussetzung des Programms betroffen seien.
Mit dem Verweis auf die Dublin-Überstellungen bezog sich das Bundesinnenministerium auf das geltende EU-Asylrecht. Demnach sollen Asylsuchende, die unerlaubt in einen anderen Mitgliedstaat weiterziehen, in der Regel wieder in den Erst-Einreisestaat zurückgebracht werden.
Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni forderte die EU am Freitagabend zu raschem Handeln auf. Die Lage in Italien angesichts des Flüchtlingszuzugs sei "unerträglich", sagte Meloni in einer Videobotschaft. Sie warnte davor, dass sich "dutzende Millionen Afrikaner" auf den Weg nach Europa machen könnten - "und dass Italien und Europa diese enorme Menge nicht werden aufnehmen können".
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