Die aktuelle Bedrohungslage wird zunehmend ernster, wie Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) betont. Deutsche Geheimdienste melden eine deutliche Zunahme von Spionage- und Sabotageaktivitäten aus Russland, die laut Bundesnachrichtendienst (BND) ein "noch nie dagewesenes Niveau" erreicht haben. BND-Chef Bruno Kahl vermutet, dass Wladimir Putin gezielt die Belastbarkeit der Nato testen will. Jetzt bereitet die Bundeswehr den "Operationsplan Deutschland" vor:
Im Hinblick auf mögliche Konflikte, die direkte Auswirkungen auf Deutschland haben könnten, hat die Politik bereits Maßnahmen ergriffen. Ein umfassendes Strategiepapier der Bundeswehr mit dem Titel "Operationsplan Deutschland" beschreibt detaillierte Abläufe im Verteidigungsfall. Das Dokument umfasst 1.000 Seiten, ist streng vertraulich und bildet die Grundlage für Schulungen, bei denen Unternehmen auf mögliche Krisenszenarien vorbereitet werden. Deutschland macht sich große Sorgen um die Verteidigungsbereitschaft:
Rafael Loss, Experte für Sicherheits- und Verteidigungspolitik beim European Council on Foreign Relations (ECFR), stellt im Interview klar: "Die Bundeswehr muss in der Lage sein, potenzielle Angreifer abzuschrecken. Ob das derzeit alleine möglich ist, bleibt jedoch fraglich." Stefanie Babst, Politologin und frühere NATO-Beraterin, ergänzt: "Deutschland muss sich verteidigungsbereit zeigen. Doch bislang sehe ich hierzulande wenig Bewegung in diese Richtung."
Die Bundeswehr stellt Unternehmen zunehmend vor realistische Szenarien: Wie würde Deutschland agieren, wenn Nato-Truppen durch Städte ziehen müssten? Wie könnte man Versorgungskrisen meistern, etwa bei Stromausfällen oder unterbrochener Wasserversorgung? Auch die mögliche Nutzung deutscher Infrastruktur im Bündnisfall wird thematisiert. Sollte Putin etwa das Baltikum angreifen, könnte Deutschland eine Schlüsselrolle im NATO-Verteidigungsplan spielen. Loss warnt: "Es darf keine Fehlannahme entstehen, die Russland zu einem Angriff ermutigen könnte, wie es beim Überfall auf die Ukraine der Fall war."
Fragen zu möglichen Angriffen auf deutsche Ziele, insbesondere Rüstungsstandorte, nehmen zu. Orte wie Schrobenhausen, wo Taurus-Raketen produziert werden, oder Airbus-Standorte in Ottobrunn und Manching sowie Krauss-Maffei Wegmann in München-Allach könnten potenziell ins Visier geraten. Babst sieht diese Szenarien jedoch derzeit als unwahrscheinlich: "Russland scheut vor einem direkten Konflikt mit der NATO zurück. Dennoch bleibt Deutschland Ziel russischer Sabotage- und Desinformationskampagnen, die seit 2022 weiter an Intensität zugenommen haben." Ob es zu einer Eskalation mit Russland kommt, hängt laut Loss stark davon ab, wie widerstandsfähig die deutsche Gesellschaft auf Herausforderungen reagiert und wie effektiv die Bundeswehr mögliche Angriffe abschrecken kann.