In der kleinen Stadt Bad Urach in Baden-Württemberg lebte ein Mann vier Jahre lang ein Doppelleben. Unter dem Schein eines durchschnittlichen Arbeiters ging er jeden Tag seiner Beschäftigung nach. Nun jedoch sitzt der 59-Jährige hinter Gittern, angeklagt, Teil der Mafia und in eine Mordtat verwickelt zu sein. Hier sind die Einzelheiten:
Seine Nachbarn hatten vermutlich keine Ahnung von seinem verborgenen Doppelleben. Laut dem Landeskriminalamt Baden-Württemberg verhielt er sich nach außen hin absolut unauffällig und lebte unaufgeregt mit seiner Familie in der schwäbischen Provinz. Doch am Mittwochmorgen kamen um vier Uhr morgens Spezialeinsatzkräfte und durchsuchten die Wohnung des Mannes in Bad Urach, der Heimatstadt des aktuellen Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir (57, Grüne). Der 59-Jährige und seine Frau wurden im Schlaf überrascht und verhaftet. Dem Landeskriminalamt zufolge soll er im Jahr 2000 an einer Mordtat in Italien beteiligt gewesen sein. Die "Stuttgarter Nachrichten" berichteten, dass damals der Mafia-Boss Massimiliano Greco (39) umgebracht wurde. Es wird angenommen, dass der Tipp aus den USA kam und dass der 59-Jährige aus Bad Urach ein Mitglied der Ndrangheta, der Mafia aus Kalabrien, ist. Das Opfer, angeblich ein Mitglied eines rivalisierenden Clans, "wurde durch einen Kopfschuss getötet." Es scheint, dass dies als Vergeltung für einen anderen Mord geschah.
Vor etwas mehr als einer Woche erließ ein italienisches Gericht einen europäischen Haftbefehl gegen den 59-Jährigen. Laut den "Stuttgarter Nachrichten" kam zuvor ein Hinweis auf seine Identität aus den USA, wo Ermittler ihn angeblich mit Kinderpornografie in Verbindung brachten. Das Oberlandesgericht Stuttgart ordnete daraufhin seine Festnahme an. Seit Mittwochnachmittag sitzt der Italiener im Gefängnis in Stuttgart-Stammheim. Das Landeskriminalamt berichtet, dass er nach Italien ausgeliefert werden soll, wo er sich wegen Mordes und Mitgliedschaft in einer Mafia-Organisation vor Gericht verantworten muss. Etwa ein Viertel der Mitglieder der italienischen organisierten Kriminalität in Deutschland lebt in Baden-Württemberg. Anfang Juli zählte das Innenministerium rund 170 Personen.
