Der deutsche EU-Vorsitz will einen neuen Versuch unternehmen, um gegen den europäischen Flickenteppich bei den Reisebeschränkungen wegen der Corona-Krise vorzugehen. In einem Entwurf, der der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag vorlag, schlägt der Vorsitz unter anderem ein einheitliches Farbcode-System zu Kennzeichnung von Risikogebieten vor. Ob und welche Maßnahmen die einzelnen Länder dann darauf basierend beschließen, wäre ihnen allerdings weiterhin freigestellt.
Wie bereits zu Beginn der Pandemie im Frühjahr gehen die EU-Staaten derzeit sehr unterschiedlich bei Reisebeschränkungen wegen Covid-19 vor. So gibt es von deutscher Seite zwar etwa eine Reisewarnung für Belgien, nicht aber von französischer Seite. Ungarn hat unter Berufung auf Corona sogar generell die Einreise untersagt; Ausnahmen gibt es nur für Reisende aus Polen, Tschechien und der Slowakei.
Die EU-Kommission hatte Anfang September einen Vorschlag vorgelegt, der "gemeinsame Kriterien und Schwellenwerte" für ein Farbcode-System empfiehlt. Diesen Vorschlag nahm der deutsche EU-Vorsitz auf: Basierend auf der Zahl der Corona-Fälle und der Testrate pro 100.000 Einwohner sowie dem Anteil positiv ausgefallener Tests soll die EU-Krankheitsbekämpfungsbehörde ECDC wöchentlich eine aktualisierte Karte herausgeben.
Die Mitgliedstaaten würden sich verpflichten, die nötigen Daten pro Region zur Verfügung zu stellen, damit diese je nach Lage grün, orange oder rot dargestellt werden könnten. Grau wären Gebiete, für die es nicht genügend Informationen gibt oder wo die Testrate zu niedrig ist.
Wie die Mitgliedstaaten mit dieser Klassifizierung umgehen, bliebe ihnen allerdings weiter weitgehend überlassen. Die Kommission hatte auch einen gemeinsamen EU-Rahmen für Auflagen für Reisende aus Hochrisikogebieten, etwa bei Testpflichten oder der Dauer einer Quarantäne vorgeschlagen. Dieses Vorhaben findet sich nicht in dem deutschen Vorschlag.
Das Papier sieht lediglich vor, dass es für Reisende aus grünen Gebieten keine Auflagen geben sollte. Auch sollte EU-Bürgern die Einreise grundsätzlich nie verwehrt werden. Die Staaten würden sich zudem zu engen Absprachen und gegenseitigem Informieren über in Kraft tretende Auflagen verpflichten.
Der deutsche Vorsitz spricht sich zudem dafür aus, dass "die Mitgliedstaaten ihre Koordinierungsbemühungen hinsichtlich der Quarantänedauer und alternativen Möglichkeiten fortsetzen". Auch soll die Entwicklung eines EU-weit einheitlichen Registrierungssystems zur Nachverfolgung von Reisenden vorangetrieben werden.
Der Vorschlag soll am Mittwoch den EU-Botschaftern vorgelegt werden und könnte dann beim Treffen der Europaminister nächste Woche angenommen werden.
by John MACDOUGALL