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Deutscher Dschihadist sagt in Paris wegen Angriffs auf Gefängniswärter aus

Der in Frankreich inhaftierte deutsche Dschihadist Christian Ganczarski hat in Paris vor Gericht bestritten, ein Mitglied der Terrorgruppe Al-Kaida gewesen zu sein. "Ich habe niemals eine Gruppe unterstützt, immer nur Muslime", sagte der 56-Jährige am Donnerstag vor Gericht. Er war 2009 in Frankreich als Drahtzieher für einen Anschlag auf der Insel Djerba zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. 

Derzeit steht er erneut vor Gericht, weil er kurz vor Ablauf seiner Haftzeit im Januar 2018 vier Gefängniswärter mit einer Schere und einem Buttermesser angegriffen hatte. Im Fall einer Verurteilung wegen Mordversuchs muss er mit einer lebenslangen Haftstrafe rechnen. 

Diesen Angriff erklärt der Angeklagte mit einem "Blackout". Er hatte kurz vor seiner geplanten Freilassung erfahren, dass er in die USA ausgeliefert werden solle. Daher habe er die Nerven verloren. "Ich wusste nicht mehr, was ich tat", sagte er den Ermittlern. Die Tat sei nicht geplant gewesen. 

Gancarski ging bei seiner Anhörung am Donnerstag noch einmal auf den Anschlag auf Djerba 2002 ein, bei dem 22 Menschen getötet wurden, unter ihnen 14 Deutsche. Er beteuerte erneut seine Unschuld. Die französischen Richter hatten ihn auf der Basis eines in Deutschland abgehörten Telefongesprächs mit dem Attentäter verurteilt. 

Der Täter, den er von einem gemeinsamen Aufenthalt in Afghanistan kannte, hatte ihn am frühen Morgen angerufen. "Ich habe gefragt: Brauchst du was? Und er hat nur gesagt, eine Dawaa, ein Gebet", sagte Ganczarski. "Dann war das Telefonat zuende, und dafür bin ich zu 18 Jahren Haft verurteilt worden", sagte er. Das Gericht sah es damals als erwiesen an, dass Ganczarski mit dem Telefonat den Einsatzbefehl zu dem Anschlag auf der tunesischen Insel gegeben hatte. 

Ganczarski war nach dem Anschlag auch in Deutschland verhört worden. Zu dem Zeitpunkt war in Deutschland nur die Mitgliedschaft in einer inländischen Terrororganisation strafbar, nicht in einer ausländischen. Daher wurde er wieder frei gelassen und setzte sich nach Saudi-Arabien ab. Das Gesetz wurde in Deutschland später geändert. 

Ganczarski wurde später bei einem Zwischenstopp in Paris festgenommen. Am Donnerstag ging es vor Gericht um den Werdegang des polnischen Spätaussiedlers, der von deutschen Medien als "Osama bin Ladens deutscher General" beschrieben wurde. Mit leichtem oberschlesischen Akzent berichtete Ganczarski, wie er mit neun Jahren nach Mülheim an der Ruhr gekommen war, mit 19 zum Islam konvertierte und schließlich nach Afghanistan kam.

Die französische Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, das Terrornetzwerk Al-Kaida mit Computern versorgt und persönlichen Kontakt zu dessen Chef Osama bin Laden gehabt zu haben. Außerdem sei er an deren Propaganda beteiligt gewesen. 

Ganczarski bestreitet dies. "Ich habe niemals eine Gruppe unterstützt, sondern Muslime", sagte er. "Ich wollte dem afghanischen Volk helfen", betonte er. Die Computer habe er nach Afghanistan gebracht, um dort ein Geschäft zu eröffnen. 

Ein Psychiater bescheinigte Ganczarski am Donnerstag überdurchschnittliche Intelligenz und keine psychologischen Probleme. Der Experte schloss nicht aus, dass Ganczarski im Affekt gehandelt habe. Das Urteil wird am Freitag erwartet. 

kol/ju