Der Automarkt in Deutschland ist im vergangenen Jahr um knapp ein Fünftel eingebrochen. Wie das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) am Freitag mitteilte, wurden 2020 insgesamt 2,9 Millionen Neuwagen zugelassen - das sind 19,1 Prozent weniger als 2019. Deutliche Zuwächse gab es im vergangenen Jahr allerdings bei Elektroautos: Ihr Anteil an allen Neuzulassungen stieg mit insgesamt rund 194.000 Fahrzeugen auf 6,7 Prozent nach knapp 1,8 Prozent im Vorjahr.
Außerdem erreichten Fahrzeuge mit Hybridantrieb mit insgesamt knapp 528.000 Neuzulassungen 2020 einen Anteil von 18,1 Prozent - darunter rund 200.000 Plug-in-Hybride. Gegenüber dem Vorjahr legten die Neuzulassungen von Plug-in-Hybriden um 342 Prozent zu, Elektroauto-Neuzulassungen verdreifachten sich (plus 207 Prozent).
Die Erhöhung der Förderung von Elektroautos durch den Bund von 3000 auf 6000 Euro mache diese preislich derzeit sehr attraktiv und führe zu einem enorm gestiegenen Interesse, erklärte der Automobilmarktexperte der Beratungsgesellschaft EY, Peter Fuß, und verwies zudem auf neue Modelle der Hersteller. Diese hätten im neuen Jahr nun "ein noch größeres Interesse", elektrifizierte Modelle in großer Zahl auf die Straße zu bringen, um die CO2-Vorgaben einzuhalten und Strafzahlungen zu vermeiden. Nun bleibe zu hoffen, "dass auch der Ausbau der Ladeinfrastruktur in entsprechendem Umfang vorankommt".
Autoexperte Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management (CAM) in Bergisch Gladbach erklärte, Deutschland sei 2020 "dank Förderung weltweit zum zweitgrößten Einzelmarkt für die Elektromobilität" aufgestiegen. Damit könne die Bundesrepublik "zunehmend eine Schrittmacherfunktion für die neue Antriebsform entwickeln". Kritisch sei allerdings, dass die hohen E-Autozulassungen noch zu mehr als 50 Prozent auf Plug-in-Hybriden beruhten, "die nur bei bestimmten Fahrprofilen und bei regelmäßigem Laden ökologisch sinnvoll sind", erklärte Bratzel.
In einer aktuellen Prognose gehe das CAM in den nächsten Jahren nun von weiteren Zuwächsen der Elektromobilität aus. Bis zum Jahr 2025 würden die jährlichen Neuzulassungen von E-Fahrzeugen auf rund 900.000 steigen, was dann einem Anteil von 27 Prozent an den Neuverkäufen entspreche. Dabei werde davon ausgegangen, dass der weit überwiegende Anteil von rund 65 Prozent reine Elektrofahrzeuge sein werde. "Eine große Herausforderung bleibt die Ladeinfrastruktur, die die Akzeptanz von E-Fahrzeugen und den künftigen Markthochlauf bremsen könnte", gab auch Bratzel zu bedenken.
Deutlich rückläufig waren 2020 die Neuzulassungen von Benzinern und Dieselautos - wenngleich sie noch immer das Gros des Neuwagenmarktes ausmachen: Benzinbetriebene Pkw sanken um 36,3 Prozent auf 1,36 Millionen Neuzulassungen, Diesel-Pkw um 28,9 Prozent auf knapp 820.000.
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) bezeichnete den Absatzeinbruch im Gesamtjahr als "nicht nur wirtschaftlich für die Automobilindustrie schwierig, sondern auch schlecht für die Klimabilanz". Denn dadurch verzögere sich die Erneuerung des Auto-Bestandes, ältere Wagen blieben länger auf den Straßen. "Für 2021 rechnen wir mit einer Erholung des deutschen Pkw-Marktes", erklärte VDA-Präsidentin Hildegard Müller. "Dennoch dürfte das sehr starke Vor-Corona-Niveau vorerst nicht erreicht werden."
Im Dezember 2020 legten die Neuzulassungen indes ungeachtet der neuen Einschränkungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu und lagen mit gut 311.000 Fahrzeugen um 9,9 Prozent über dem Stand des Vorjahresmonats. Der VDA sprach vom "höchsten Zulassungsvolumen, das jemals in einem Dezember erreicht wurde" - trotz des Lockdowns in der zweiten Monatshälfte. Wesentlichen Einfluss auf die Marktentwicklung im Dezember hatten demnach zwei zusätzliche Arbeitstage sowie die auslaufende Mehrwertsteuersenkung zum Jahresende.
by Ina FASSBENDER