Das Wirtschaftswachstum ist im letzten Quartal 2020 etwas stärker ausgefallen als zunächst angenommen. Wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch in Wiesbaden mitteilte, legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) gegenüber dem Vorquartal um 0,3 Prozent zu. Ende Januar war das Bundesamt in einer ersten Schätzung noch von 0,1 Prozent BIP-Zuwachs ausgegangen. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) reagierte erfreut: Die neuen Zahlen seien ein "wichtiges Signal der Zuversicht".
Gleichwohl wurde die wirtschaftliche Erholung vom coronabedingten Einbruch im vierten Quartal durch den erneuten Lockdown ab November gebremst, wie das Bundesamt weiter ausführte. Im Verlauf des Jahres hatte sich die deutsche Wirtschaft nach dem historischen BIP-Rückgang um 9,7 Prozent im zweiten Quartal über die Sommermonate mit plus 8,5 Prozent im dritten Quartal zunächst vergleichsweise kräftig erholt.
Für das Gesamtjahr 2020 wird der Rückgang der Wirtschaftsleistung im Vergleich zum Vorjahr nun mit 4,9 Prozent beziffert - zuletzt waren die Statistiker noch von minus 5,0 Prozent ausgegangen.
Wachstumsimpulse kamen im vierten Quartal von den Bauinvestitionen, außerdem zogen die Exporte an: So wurden im vierten Quartal 4,5 Prozent mehr Waren und Dienstleistungen exportiert als im Vorquartal. Die privaten Konsumausgaben nahmen bedingt durch den Lockdown hingegen deutlich ab, ebenso die staatlichen Konsumausgaben.
Bezogen auf die einzelnen Wirtschaftsbereiche zeigte sich laut Bundesamt ein zweigeteiltes Bild: Während die Bruttowertschöpfung in Industrie und Baugewerbe gegenüber dem dritten Quartal "deutlich" zugelegt habe, sei die zwischenzeitliche Erholung in den meisten Dienstleistungsbereichen "durch die zweite Corona-Welle zum Jahresende abrupt gestoppt" worden. So sank die Bruttowertschöpfung im Bereich Handel, Verkehr und Gastgewerbe etwa um 4,4 Prozent.
Die Corona-Krise wirkte sich den Statistikern zufolge zum Jahresende zudem weiter deutlich auf den Arbeitsmarkt aus. Die Wirtschaftsleistung wurde im vierten Quartal von rund 44,8 Millionen Erwerbstätigen mit Arbeitsort in Deutschland erbracht - das waren 747.000 Menschen oder 1,6 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Hierbei ist zu beachten, dass der verbreitete Einsatz von Kurzarbeit sich nicht auf die Erwerbstätigenzahlen auswirkt, da Kurzarbeiterinnen und Kurzarbeiter weiter als Erwerbstätige zählen.
Altmaier hob hervor, dass das Wachstum im vierten Quartal "besser als von vielen Experten zunächst erwartet" ausgefallen sei. "Wir werden auch in den kommenden Monaten mit ganzer Kraft daran arbeiten, die Substanz unserer Wirtschaft zu erhalten", fügte der Minister hinzu.
Die staatliche Förderbank KfW erklärte, dass sich die deutsche Wirtschaft trotz des erneuten Lockdowns und der damit verbundenen wirtschaftlichen Einschränkungen im Endspurt des vergangenen Jahres "auf stabilem Kurs" gezeigt habe. Aufgrund des "weiterhin erhöhten Infektionsgeschehens und des anhaltenden Lockdowns" sei jedoch mit einem "schwierigen Start ins neue Jahr" und einem Rückgang des Bruttoinlandprodukts von 1,5 bis drei Prozent im ersten Quartal zu rechnen.
Für das Gesamtjahr 2021 rechnet die KfW "bei erfolgreicher Zurückdrängung des Virus und Vermeidung einer dritten Welle" mit einem BIP-Wachstum von 3,3 Prozent - im November hatte sie noch ein Plus von vier Prozent erwartet. Im Jahr 2022 dürfte das Wirtschaftswachstum der neuen Prognose zufolge 3,4 Prozent betragen.
by Armando BABANI