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Deutsche Wirtschaft wächst im 3. Quartal überraschend! Hoffnungsschimmer oder Eintagsfliege?

Die deutsche Wirtschaft hat im dritten Quartal überraschend ein Wachstum verzeichnet. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von Juli bis September um 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Ifo-Chef Clemens Fuest kommentierte: „Die deutsche Wirtschaft konnte den Sinkflug stoppen.“ Aber, ist das nun die Kehrtwende oder nur eine Eintagsfliege? Hier mehr:

Überraschende Entwicklung: Deutsche Wirtschaft leicht gewachsen

Im Sommer hat die Wirtschaft somit unerwartet zugelegt, obwohl Ökonomen einen weiteren Rückgang prognostiziert hatten. Die Statistiker berichteten, dass vor allem die staatlichen und privaten Konsumausgaben zu diesem Anstieg beigetragen haben. Im zweiten Quartal war die Wirtschaft jedoch noch leicht geschrumpft. Viele Experten hatten befürchtet, dass das BIP nun das zweite Quartal in Folge zurückgehen würde, was eine "technische Rezession“ zur Folge hätte. Zu Beginn des Jahres wuchs die größte Volkswirtschaft Europas leicht, doch die erhoffte Erholung blieb zunächst aus. Im zweiten Quartal wurde das BIP schließlich um 0,3 Prozent nach unten korrigiert. Wie geht es jetzt weiter:

Nur ein vorübergehender Anstieg?

Die Unsicherheit über die wirtschaftliche Lage in Deutschland hat bereits Unternehmen und Verbraucher erfasst. Während Firmen bei Investitionen vorsichtig sind, halten viele Menschen ihr Geld zusammen. Schlüsselbranchen, wie die Autoindustrie, stehen unter erheblichem Druck. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer bezeichnet das Wachstum im Sommer als einen "Ausreißer nach oben“ und merkt an: "Die seit dem Frühjahr fallenden Frühindikatoren wie das Ifo-Geschäftsklima deuten auf ein schwieriges Winterhalbjahr hin. Nach den schlechten Nachrichten aus der Autoindustrie und der jahrelangen Erosion der Standortqualität wird sich das Wachstum nur zögerlich entwickeln.“ Trotzdem gab es zuletzt einen Hoffnungsschimmer für die Konjunktur: Der Ifo-Geschäftsklimaindex, ein wichtiger Frühindikator, stieg im Oktober erstmals wieder an, nachdem er zuvor vier Monate lang gefallen war. „Die deutsche Wirtschaft hat den Sinkflug vorerst gestoppt“, so Fuest.

BIP scheint zu stagnieren

Philipp Scheuermeyer, Konjunkturexperte bei der KfW, äußerte sich skeptisch: "Insgesamt bewegt sich das BIP jedoch nicht vom Fleck. Immerhin spiegeln sich die steigenden Reallöhne jetzt auch spürbar im Konsum wider.“ Er weist darauf hin, dass mit sinkenden Leitzinsen im nächsten Jahr zumindest ein leichtes Wachstum möglich sei, warnt jedoch vor Risiken, die die wirtschaftliche Entwicklung beeinträchtigen könnten, darunter eine schwächere Arbeitsmarktentwicklung und ein möglicher Wahlsieg von Donald Trump. Laut der Bundesbank wird die Schwächephase der deutschen Wirtschaft anhalten. Im vierten Quartal erwartet die Notenbank eine Stagnation. In ihrem Monatsbericht für Oktober stellte sie jedoch klar, dass sie keine tiefgreifende, länger anhaltende Rezession prognostiziert. Vielmehr befindet sich die Konjunktur "nach wie vor in der seit Mitte 2022 anhaltenden Schwächephase“.

Bundesregierung bleibt skeptisch

Auch die Bundesregierung ist pessimistisch und erwartet, dass das BIP im Gesamtjahr um 0,2 Prozent schrumpfen wird. Dies würde das zweite Jahr mit einem Rückgang in Folge bedeuten, nachdem die Wirtschaftsleistung 2023 bereits leicht gesunken war. Erst für 2025 rechnet die Bundesregierung mit einem Wachstum von 1,1 Prozent. Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist noch zurückhaltender und prognostiziert lediglich ein Plus von 0,8 Prozent im kommenden Jahr.

Zusätzlich belasten strukturelle Faktoren wie die gestiegenen Energiepreise und die Bürokratie die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Die Bundesregierung bemüht sich um Lösungen zur Stärkung der Konjunktur, jedoch herrscht in der Ampel-Koalition Uneinigkeit. Kanzler Olaf Scholz kündigte nach einem Gipfeltreffen mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften einen „Pakt für die Industrie“ an.