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Deutsche Staatsspitze verurteilt Unruhen in Washington und greift Trump scharf an

Merkel "wütend und auch traurig" - Steinmeier: "Hetze von allerhöchster Stelle"

Die deutsche Staatsspitze hat mit Entsetzen und deutlichen Vorwürfen gegen US-Präsident Donald Trump auf die Unruhen in Washington reagiert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte am Donnerstag, sie sei "wütend und auch traurig". Trump habe mit seinem Verhalten die Atmosphäre für die Ausschreitungen bereitet. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach vom "Sturm auf das Herz der Demokratie". Spitzenvertreter aller großen Parteien verurteilten die Vorgänge in Washington.

Steinmeier sprach von einem "bewaffneten Mob, aufgestachelt von einem amtierenden Präsidenten". Die Unruhen in Washington seien "das Ergebnis von Lügen und noch mehr Lügen" und "von Hass und Hetze auch von allerhöchster Stelle".

Der Bundespräsident mahnte zugleich zur Wachsamkeit auch in Deutschland. "Wir vergessen nicht jene Bilder, als Gegner der Demokratie die Stufen unseres Reichstags besetzten."

Außenminister Heiko Maas (SPD) äußerte sich ähnlich: "Auch bei uns, in Hanau, Halle, auf den Stufen des Reichstags, haben wir erleben müssen, wie Hetze und aufrührerische Worte in hasserfüllte Taten umschlagen", schrieb er in einem Gastbeitrag für den "Wir".

Zur Lage in den USA schrieb Maas, wer wie Trump "jahrelang mit Worten zündelt und seine eigenen Anhänger ständig aufhetzt, der trägt Verantwortung für diese Attacke auf das Herz der amerikanischen Demokratie." Die große Mehrheit der US-Wähler habe sich bei der Wahl "gegen einen Rechtspopulisten" entschieden - das solle "nicht nur Donald Trump endlich akzeptieren".

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sprach in einem Schreiben an die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, von "Exzessen eines gewaltbereiten Mobs am und im Kapitol". Der "Mob" sei "aufgeputscht" worden durch Trump, "der die Grundregel der Demokratie verachtet, seine offensichtliche Wahlniederlage einzugestehen".

Wie die Bundestagsverwaltung mitteilte, will Schäuble "in enger Abstimmung mit den Sicherheitsbeauftragten der Fraktionen sowie dem Land Berlin und dem Bundesinnenministerium prüfen", welche Schlussfolgerungen aus den Vorfällen in Washington für den Schutz des Bundestages zu ziehen sind.

Auch die Spitzen der großen Parteien reagierten mit Abscheu auf die Ereignisse. "Die erschreckenden Bilder aus den USA zeigen die reale Gefahr, die rechte Populisten und ihre Hetze für unsere Demokratie darstellen", sagte die SPD-Vorsitzende Saskia Esken den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Freitagsausgaben). Ko-Parteichef Norbert Walter-Borjans bezeichnete das Verhalten Trumps in der "Welt" als hochgefährlich.

Die scheidende CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer schrieb auf Twitter, es gehe um "reale politische und geistige Brandstiftung durch und im Namen des amtierenden US-Präsidenten Donald Trump und ihre Folgen". Grünen-Chefin Annalena Baerbock schrieb, wenn Rechtspopulisten an die Macht kämen, nutzten sie diese, "um die Demokratie und ihre Institutionen von innen auszuhöhlen" und aktiv zu bekämpfen.

Der Linke-Vorsitzende Bernd Riexinger schrieb auf Twitter, Trump "radikalisiert und formiert seine Anhängerschaft für die Zeit nach seiner Präsidentschaft. Die Gefahr dieser Neuen Rechten darf niemand unterschätzen." FDP-Chef Christian Lindner nannte die Erstürmung des Kapitols "eine Schande für die freie Welt". Trump müsse seiner Verantwortung gerecht werden und seine Wahlniederlage eingestehen.

Die Partei- und Fraktionsvorsitzenden der AfD erklärten gemeinsam, der Sturm auf das Kapitol sei "ein gewaltsamer Angriff auf die höchsten demokratischen Institutionen der USA". Gewalt könne in einer freiheitlichen Demokratie "niemals ein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein".

by ALEX EDELMAN