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Delta-Variante lässt Rufe nach schärferen Regeln für Reisende laut werden

Forderungen nach doppelter Testpflicht - Portugal-Rückkehrer müssen künftig in Quarantäne

In der Urlaubszeit rückt angesichts der zunehmend rasanten Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus die Rolle von Reisenden verstärkt in den Fokus. Am Wochenende wurden Forderungen nach schärferen Regeln für Reiserückkehrer laut. Aus der Opposition gibt es zudem Rufe nach einer rascheren Zweitimpfung.

Deutsche Reiserückkehrer müssen sich nach den Worten von Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) wegen der Delta-Variante auf strenge Kontrollen ihrer Impfausweise und Negativtests einstellen. "Im Gegensatz zum letzten Sommer sind in ganz Deutschland flächendeckende Testsysteme aufgebaut", betonte Holetschek, der gleichzeitig Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz ist, in der "Bild am Sonntag".

Entscheidend sei, "dass vor Einreise getestet wird und die Testnachweise an den Grenzübergängen und den Flughäfen nicht nur stichprobenartig kontrolliert werden", sagte Holetschek der Zeitung. Bayern sei mit dem Bund in enger Abstimmung, um engmaschige Kontrollen während der Reisezeit sicherzustellen.

Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (beide SPD) sprachen sich in der "Rheinischen Post" vom Samstag für eine doppelte Testpflicht für Reiserückkehrer aus. Schwesig sagte, internationale Reisen dürften "nicht dazu führen, dass sich wieder mehr Menschen infizieren und das Virus nach Hause tragen". Deshalb sei es wichtig, "dass für alle Rückkehrer aus Risikogebieten gilt, dass sie zwei Tests machen", forderte sie. Die Tests sollten dabei zu Beginn der Rückkehr und nach fünf Tagen Quarantäne gemacht werden.

Lauterbach plädierte wegen der angespannten Corona-Lage in Großbritannien außerdem für schärfere Einreisebeschränkungen für Briten in die Europäische Union. Es sei "komplett unverständlich, warum es keine harten EU-weiten Einreisebeschränkungen für Reisende aus Großbritannien gibt", sagte Lauterbach der "Bild"-Zeitung vom Samstag. Großbritannien ist von Deutschland bereits seit Mai als Virusvariantengebiet eingestuft.

Als solche Virusvariantengebiete gelten ab Dienstag auch Russland und Portugal - selbst geimpfte oder genesene Rückkehrer müssen der Coronavirus-Einreiseverordnung zufolge dann in Quarantäne, wenn sie nach Deutschland zurückkehren. Denn nach Aufenthalt in Virusvariantengebieten sind auch Menschen mit Genesenen- oder Impfnachweis zu einer vierzehntägigen Quarantäne verpflichtet. Diese kann auch nicht vorzeitig beendet werden.

Mit Blick auf die Delta-Variante sprachen sich Oppositionsvertreter für eine schnellere Zweitimpfung aus. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Janosch Dahmen sagte der "Welt am Sonntag", bei mRNA-Impfstoffen solle die Zweitimpfung "dringend vorgezogen werden und bereits drei Wochen nach der ersten Impfung stattfinden". Es lägen "harte Daten" vor, dass die Impfung gegen die Delta-Variante in diesem Zeitraum sehr wirksam sei. Bei Zweitimpfungen mit Astrazeneca zeigte sich Dahmen zurückhaltend, da es an entsprechenden Daten fehle.

Auch aus der FDP-Bundestagsfraktion kam der Ruf nach einem Umdenken. Andrew Ullmann, Infektiologe und Obmann seiner Fraktion im Gesundheitsausschuss, sagte der "WamS", die Ständige Impfkommission (Stiko) solle ihre Empfehlung zu den Impfintervallen überarbeiten und den Zeitpunkt der Zweitimpfung vorziehen.

Skeptisch zeigte sich die Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, Christine Falk. "Wenn wir jetzt die Strategie bei den Zweitimpfungen ändern, gefährden wir das Tempo bei den Erstimpfungen", sagte sie der Zeitung. Der Präsident des Deutschen Hausärzteverbands, Ulrich Weigeldt, sagte der "Welt am Sonntag", es sei "leider weiterhin so, dass wir nicht genügend Impfstoff zur Verfügung haben und fast die Hälfte der Bevölkerung noch nicht einmal die erste Impfung erhalten hat".

Bislang sind in Deutschland nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums rund 28,9 Millionen Menschen vollständig geimpft. Das sind 34,8 Prozent der Gesamtbevölkerung. Knapp 44,4 Millionen Menschen oder 53,3 Prozent der Bevölkerung haben mindestens eine Impfdosis erhalten.

by Kenzo TRIBOUILLARD