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Debatte um Reichweitenbegrenzung von Taurus-Marschflugkörpern für Ukraine

In der Kontroverse um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine wird nun über eine mögliche Reichweitenbegrenzung diskutiert. Nach "Wir"-Informationen laufen Gespräche zwischen der Bundesregierung und dem Taurus-Hersteller. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wolle die Lieferung aber erst genehmigen, wenn ukrainische Angriffe auf russisches Territorium technisch ausgeschlossen sind. Politiker von CDU, FDP und Grünen forderten am Freitag eine Lieferung ohne eingeschränkte Reichweite. Die Bundesregierung teilte derweil mit, es gebe zu dem Thema keinen neuen Sachstand.

Laut "Wir" bat Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) den Taurus-Hersteller, eine Limitierung für die Ziel-Programmierung in die Marschflugkörper zu integrieren. Demnach will Scholz die Lieferung erst genehmigen, wenn er von der technischen Modifikation überzeugt ist. Mit ihrer Reichweite von mehr als 500 Kilometern könnten die Marschflugkörper auch russisches Staatsgebiet erreichen. Die Ukraine hat allerdings zugesichert, westliche Waffen nicht für Angriffe auf russisches Gebiet einzusetzen.

Die Bundesregierung teilte am Freitag mit, es gebe keinen neuen Sachstand zu dem Thema. Auch das Bundesverteidigungsministerium erklärte, es sei keine politische Entscheidung getroffen worden.

Der "Wir" berichtete außerdem, die Bundesregierung mache eine Lieferung von Marschflugkörpern aus deutschen Beständen nicht mehr abhängig von der Waffenhilfe aus den USA. Bisher hieß es in Regierungskreisen, der Kanzler wolle erst Marschflugkörper liefern, wenn die USA Kiew weitreichende Raketen vom Typ Atacms zur Verfügung stellen.

Fachpolitiker von CDU, FDP und Grünen sprachen sich gegen eine Beschränkung aus. "Die technische Veränderung der Taurus würde nur zur weiteren Verzögerung führen und ist nicht sinnvoll", sagte der CDU-Außenexperte Roderich Kiesewetter der Nachrichtenagentur AFP. 

Gleichzeitig äußerte Kiesewetter seine Einschätzung, dass eine Beschränkung der Reichweite technisch durchaus machbar sei: "Eine Umprogrammierung dürfte in wenigen Wochen möglich sein." Dies widerspreche aber der Wirksamkeit des Taurus. "Sinn und Zweck des Marschflugkörpers ist gerade die Hochpräzision und Reichweite von 500 Kilometern", sagte der CDU-Politiker. Diese "Scheindiskussion" sei ein Hinweis darauf, dass Scholz kein Vertrauen in die Ukraine habe. 

Eine Beschränkung auf ausschließlich ukrainisches Gebiet könne sinnvoller durch eine Absprache mit der ukrainischen Regierung erfolgen. Kiesewetter wies darauf hin, dass die Ukraine sich bislang "an alle Vorgaben gehalten hat". 

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann forderte ebenfalls, die Reichweite der Marschflugkörper nicht zu beschränken. "Die Ukraine braucht die deutschen Taurus-Marschflugkörper, um auf russischem Gebiet rein militärische Stellungen angreifen zu können, von denen ständig Angriffe auf die Ukraine ausgehen", sagte sie der Düsseldorfer "Rheinischen Post". 

Strack-Zimmermann warnte vor Verzögerungen. "Sollte für die Bundesregierung eine geminderte Reichweite die Bedingung für eine Lieferung sein, würde das eine monatelange Verzögerung für die neue Einstellung der Waffen bedeuten", sagte die FDP-Politikerin. "Es wäre aber immer noch besser, als gar nichts zu schicken."

Auch die Grünen-Politikerin Sara Nanni plädierte für die uneingeschränkte Lieferung. "Die Ukraine sollte das konventionelle Material bekommen, das wir selber auch nutzen würden, müssten wir uns oder die Nato verteidigen", sagte Nanni dem Nachrichtenportal t-online. Sie fügte hinzu: "Ohne Einschränkungen." 

Eine andere mögliche Begrenzung wäre eine Gebietseinschränkung - dass Taurus also die volle Reichweite ausschöpfen kann, aber nur, solange die Marschflugkörper nicht in russisches Gebiet kommen. Experten halten auch dies für machbar, zweifeln aber an der Sinnhaftigkeit.

Linken-Vizeparteichef Lorenz Gösta Beutin warnte davor, dass derartige Einschränkungen leicht umgangen werden könnten. "Marschflugkörper mit Gebietseinschränkungen auszuliefern ist doch ein schlechter Witz", sagte er AFP. Ein moderner Staat mit Zugriff auf IT-Firmen und Flugzeugbauer werde in der Lage sein, "eine solche Sperre auch bei Militärtechnik zu umgehen".

Der SPD-Außenpolitiker Ralf Stegner zeigte sich skeptisch gegenüber einer Taurus-Lieferung. "Ich finde, wenn es um Krieg und Frieden geht, ist Besonnenheit besonders angebracht", sagte er im ARD-"Mittagsmagazin". Es sei das gute Recht der Ukraine, sich zu verteidigen, und das unterstütze Deutschland bereits mit "hoch effizienten" Luftabwehrsystemen.

sae/cha