In der CDU ist angesichts der 2024 anstehenden Landtagswahlen eine Debatte über den Umgang mit der künftigen Partei von Sahra Wagenknecht entbrannt. In der CDU-Bundesspitze stößt Wagenknechts Angebot, in Ostdeutschland Regierungsbündnisse zu bilden, auf Ablehnung. Dagegen wollen die CDU-Landesvorsitzenden von Brandenburg, Jan Redmann, und Thüringen, Mario Voigt, dem nicht von vornherein eine Absage erteilen. Wie Wagenknecht unterdessen mitteilte, soll der Begriff "links" nicht im Namen ihrer Partei vorkommen.
CDU-Parteivize Andreas Jung sagte der Zeitung "Welt" vom Freitag, was derzeit an Programmatik für das Parteiprojekt bekannt ist, sei "in zentralen Fragen Lichtjahre von unseren Überzeugungen entfernt". Er nannte "Antiamerikanismus, Putin-Nähe und Sozialismus". Die CDU werde aber "keine vorauseilenden Beschlüsse" fassen, so Jung weiter.
Unions-Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) sagte der Zeitung: "Wir haben mit der Wagenknecht-Partei nichts gemein, doch die Frage stellt sich derzeit auch gar nicht." Er fügte hinzu: "Bevor wir einen Unvereinbarkeitsbeschluss fassen, sollte die Partei erst mal gegründet werden und es in ein Parlament schaffen."
CDU-Schatzmeisterin Julia Klöckner sagte der "Welt": "Die Union hat einen klaren Unvereinbarkeitsbeschluss mit Blick auf die AfD und die Linken. Das gilt selbstverständlich auch für die Wagenknecht-Partei, die hufeisenmäßig Positionen der AfD und der Linken verschmilzt."
Dagegen wollen die CDU-Landesvorsitzenden von Brandenburg und Thüringen möglichen Bündnissen nicht von vornherein eine Absage erteilen. "Die Gesprächsfähigkeit unter Demokraten ist wichtig", sagte Voigt der "Bild"-Zeitung. Er fügte allerdings hinzu: "Frau Wagenknecht ist bislang nicht dadurch aufgefallen, Politik für die bürgerliche Mitte zu machen."
Redmann sagte "Bild", es sei klar, dass es "extreme Unterschiede" zwischen der CDU und der geplanten neuen Partei gebe. Der brandenburgische CDU-Landeschef plädierte dafür, "jetzt erst mal die nächsten Entwicklungen abwarten".
Der frühere CDU-Vorsitzende von Thüringen, Mike Mohring, warnte seine Partei davor, eine Zusammenarbeit auszuschließen. "Schon vor Monaten landete die damals noch imaginäre Wagenknecht-Partei in einer Umfrage für Thüringen direkt auf Platz eins", sagte Mohring dem Berliner "Tagesspiegel" vom Freitag. "Das zeigt vor allem, dass die Menschen auf der Suche nach etwas Neuem jenseits aller im Landtag vertretenen Parteien von links bis rechts sind."
Wagenknecht hatte kürzlich mit Blick auf die Landtagswahl in Sachsen, wo ebenso wie in Thüringen und Brandenburg 2024 gewählt wird, Interesse an einer möglichen Koalition mit der dortigen CDU geäußert.
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck rief dazu auf, das neue Bündnis ebenso zu bekämpfen wie die AfD. Dies sei nötig, "um unsere offene und liberale Gesellschaft zu verteidigen", sagte Gauck der Mediengruppe Bayern. Die geplante Wagenknecht-Partei verbinde "ausgewählte linke mit nationalpopulistischen Argumenten" und werde vor allem den Sozialdemokraten und der AfD Wähler abspenstig machen.
Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagte der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten", womöglich gelinge es Wagenknecht, "der rechtsextremen AfD einiges an Stimmen wegzunehmen." Er betonte zugleich: "Ich finde die Tatsache sehr beunruhigend, dass wir demnächst zwei populistische Parteien haben werden."
Wagenknecht sagte dem "Wir" mit Blick auf die Bezeichnung der neuen Partei: "Es muss künftig ein Name werden, der unser breites Spektrum potenzieller Wähler anspricht." Sie fügte hinzu: "Labels wie 'links' werden darin nicht vorkommen, weil sie von vielen Menschen heute mit ganz anderen Inhalten verbunden werden."
Wagenknecht hatte am vergangenen Montag angekündigt, im Januar eine neue Partei zu gründen. Gemeinsam mit neun weiteren Abgeordneten erklärte sie dabei bereits den Austritt aus der Partei Die Linke. Ihre Bundestagsmandate wollen die Abtrünnigen aber nicht zurückgeben, zudem wollen sie vorerst weiter der Linken-Fraktion angehören.
cha/mt