199010:

Debakel für Friedrich Merz beim Parteitag der CDU - Wiederwahl, aber mit so wenig Stimmen wie selten

Am Schluss wurde es eine Punktlandung mit einem leichten Dämpfer...

Die Delegierten des CDU-Bundesparteitags in Berlin bestätigten Parteichef Friedrich Merz mit großer Mehrheit im Amt. Bei der Abstimmung am Montag erhielt Merz 873 der 972 gültigen Stimmen, was 89,8 Prozent entspricht. Damit lag das Ergebnis für Merz deutlich unter dem seiner ersten Wahl Anfang 2022, als er 95,3 Prozent erhielt. Eine klare Ansage an Merz, und - besonders peinlich, andere zur Wahl stehende bekamen deutlich mehr Stimmen!

Besseres Ergebnis für Generalsekretär von Friedrich Merz

Sein eigener Generalsekretär Carsten Linnemann schnitt mit 91,4 Prozent besser ab. Es hieß vorab, dass Linnemann nicht besser abschneiden dürfe als Merz, um diesen nicht schlecht dastehen zu lassen. Doch genau das ist nun passiert. Dennoch galten 90 Prozent für den Bundeschef im Vorfeld als nötige Zielmarke, um neuen Debatten über seine Eignung als Kanzlerkandidat zu entgehen. Sachsens MP Michael Kretschmer sagte gegenüber BILD: "Dieses Wahlergebnis ist die Startbahn ins Kanzleramt für Friedrich Merz."

Er lobte auch die "starke, souveräne Rede", die Merz vor seiner Wahl hielt. Tatsächlich skizzierte Merz auf dem CDU-Parteitag zuvor einen Plan für Deutschland. Merz, in einem hellblauen Krawatte und blauem Blazer, hielt eine staatstragende und eher nüchterne Rede. Vor 1001 Delegierten und zahlreichen Gästen machte Merz mehrere deutliche Ansagen.

Friedrich Merz nimmt Stellung zur Leitkultur

"Wir stehen dazu, dies so zu nennen. Der Begriff grenzt nicht aus, sondern ist eine allumfassende Klammer um unsere Gesellschaft", betonte der CDU-Chef. Er sagte, dass sich die Gesellschaft wieder stärker darauf besinnen müsse, was Deutschland vereint. Der Begriff "Leitkultur" soll daher auch im neuen CDU-Grundsatzprogramm stehen. Merz äußerte sich auch unmissverständlich zur Migration: "Seit Längerem überfordert die irreguläre Einwanderung nach Deutschland unsere Integrationsfähigkeit. Das gilt für die Städte und Gemeinden, das gilt für den Wohnungsmarkt, das gilt vor allem für die Schulen und die Kinderbetreuungsmöglichkeiten. Das kann und darf so nicht weitergehen."

Kritik an Angela Merkel

Merz erwähnte die verstorbenen CDU-Legenden Helmut Kohl und Wolfgang Schäuble sowie den Wirtschaftswunder-Vater Ludwig Erhard. Doch seine Intim-Feindin und Altkanzlerin Angela Merkel? Er erwähnte sie mit keinem Wort. Stattdessen sprach Merz über Fehler der CDU, die in der Ära Merkel gemacht wurden. Aus Merz’ Sicht macht die Ampel-Koalition vieles falsch (u.a. "Heizungsgesetz"). SPD, Grüne und FDP seien u.a. in der Energie- und Klimapolitik als "Geisterfahrer" unterwegs. Merz forderte eine "Agenda für die Fleißigen im Land". Bei dieser Forderung gab es sogar kurz rhythmischen Beifall der Delegierten. Merz referierte über den Parlamentarischen Rat und unsere Verfassung, die demokratische Legitimation von politischen Kräften, die Grundwerte Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität sowie die "multiplen Krisen" in der Welt und das Verhältnis zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv des Staats.

Applaus für Attacke auf die AfD

Den lautesten Zwischenbeifall gab es am Ende für die Kampfansagen von Merz an die AfD: "Es sind Parteien wie die AfD, die viele unserer Werte, aber auch unser Europa ablehnen, verspotten und von innen zerstören wollen." Besonders optimistisch wurde Merz, als er für die gefürchteten Ost-Wahlen als Ziel ausrief: "Wenn wir uns auf dem nächsten Parteitag wiedersehen, dann möchte ich besonders herzlich begrüßen den wiedergewählten Ministerpräsidenten Michael Kretschmer in Sachsen, den neuen Ministerpräsidenten von Thüringen, Mario Voigt, und den neuen Ministerpräsidenten von Brandenburg, Jan Redmann." Am Ende gab es neun Minuten Beifall, mehr als Angela Merkel zuletzt erhalten hatte (knapp acht Minuten). Auch das war ein Signal der Delegierten.