Die CSU versinkt immer tiefer in den Korruptionsskandal um hohe Provisionszahlungen für Maskengeschäfte. Am Mittwoch ließ die Generalstaatsanwaltschaft München im bayerischen Landtag das Abgeordnetenbüro von Alfred Sauter durchsuchen, der Mitglied im CSU-Vorstand ist und früher bayerischer Justizminister war. CSU-Chef Markus Söder schloss sich den Forderungen seines Generalsekretärs Markus Blume an, der von Sauter den Verzicht auf alle Parteiämter und das Ruhenlassen seines Mandats forderte.
Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte den Namen Sauters zunächst nicht bestätigt, dies machte die CSU. Wie die Ermittler mitteilten, bezieht sich der neue Schlag auf die Korruptionsermittlungen gegen den Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein (ehemals CSU), in denen Sauter nun der fünfte Verdächtige ist. Es geht um den Anfangsverdacht der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern, Berichten zufolge sollen Provisionszahlungen in sechsstelliger Höhe geflossen sein.
Polizei und Staatsanwaltschaft ließen zehn Objekte in München und im Regierungsbezirk Schwaben durchsuchen, darunter das Abgeordnetenbüro, die Geschäftsräume und die Privaträume des 70-jährigen Sauter in München und im Landkreis Günzburg.
Die bayerische Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) eröffnete parallel ein eigenes Prüfverfahren des Landtags gegen Sauter. Dabei geht es um den Verdacht des Verstoßes gegen die Verhaltensregeln für Abgeordnete. Aigner forderte Sauter zu einer Stellungnahme auf.
CSU-Chef Söder fürchtet nach eigenen Worten einen langfristigen Schaden durch die Affäre für seine Partei. "Erneut gibt es schwere Vorwürfe und schwere Anschuldigungen, die insgesamt geeignet wären - wenn sie stimmen - das Vertrauen in die Demokratie, aber auch in die CSU nachhaltig zu schädigen", sagte Söder im Landtag.
Söder sagte, es sei an der Zeit, reinen Tisch zu machen. "Es ist jetzt eine schwere Stunde, natürlich für alle Beteiligten." Es dürfe nun keine Hängepartie geben. Dabei schloss sich der CSU-Chef Forderungen seines Generalsekretärs nach einem Rückzug Sauters von seinen Ämtern an.
Blume sagte, Sauter müsse nun eine vollständige und rückhaltlose Aufklärung bringen. "Wir fordern ihn darüber hinaus auf, seine Ämter in der CSU niederzulegen, um Schaden von der Partei abzuwenden." Außerdem forderte der CSU-Generalsekretär von Sauter, dass dieser "bis zur substanziellen Entkräftung der Vorwürfe" auch sein Mandat als Abgeordneter ruhen lasse.
FDP-Chef Christian Lindner forderte nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe die Einsetzung eines unabhängigen Sonderermittlers. Er habe keine eigenen Verdachtsmomente, sagte Lindner in Berlin. Aber der Sonderermittler müsse im Bundesgesundheitsministerium die Geschäfte während der Pandemie prüfen, es müsse jeder Zweifel ausgeräumt werden.
Sauter hatte eingeräumt, in seinem Beruf als Rechtsanwalt den Vertrag für ein Millionengeschäft einer hessischen Firma mit Corona-Schutzausrüstung mit dem bayerischen Gesundheitsministerium entworfen zu haben. Er will nach eigenen Angaben aber ausschließlich als Rechtsanwalt tätig gewesen sein, nicht als Abgeordneter.
CSU-Landtagsfraktionschef Thomas Kreuzer hatte Sauter aufgefordert, die Summe und Details des Geschäfts zu nennen. Dies lehnte dieser aber ab. Blume sagte, die Vorwürfe der Ermittler seien "schwerwiegender Natur". Sauter bestreite sie zwar, die von ihm gegenüber seiner Partei gemachten Angaben seien aber "bisher völlig unzureichend".
Sauter ist eine Art graue Eminenz in der CSU. Er war zwar vom damaligen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) 1999 als Justizminister entlassen worden, Sauter galt damals aber als Bauernopfer.
In der Folge baute er seine Hausmacht innerhalb der Christsozialen aus und galt in dessen Amtszeit als CSU-Chef als enger Vertrauter von Horst Seehofer. Sauter ist Mitglied im Präsidium und im Vorstand der CSU. Er leitet die Finanzkommission der Christsozialen, ist stellvertretender Vorsitzender des CSU-Bezirksverbands Schwaben und Vorsitzender des CSU-Kreisverbands Günzburg sowie seit 1990 Mitglied im bayerischen Landtag.
by Von Ralf ISERMANN