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Corona-Pandemie und Regierungsstreit überschatten Regionalwahl in Katalonien

Wahlausgang wegweisend für die Unabhängigkeitsbewegung

Die Corona-Pandemie hat am Sonntag die Regionalwahl in der nordostspanischen Region Katalonien überschattet. Rund 5,5 Millionen Menschen waren aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Umfragen sagten allerdings eine niedrige Wahlbeteiligung voraus. Das Ergebnis der Abstimmung dürfte wegweisend für die Zukunft der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung sein. Die Zentralregierung in Madrid hofft auf eine Ablösung der in Barcelona regierenden Pro-Unabhängigkeitsparteien JxC und ERC durch den Sozialisten Salvador Illa.

Die seit 09.00 Uhr offenen Wahllokale sollten um 20.00 Uhr schließen. Erste Ergebnisse wurden gegen Mitternacht erwartet.

Um an Covid-19 Erkrankten sowie Menschen in Corona-Quarantäne eine Teilnahme an der Abstimmung zu ermöglichen, wurde für sie ein eigenes Wahl-Zeitfenster geschaffen. Zur Verringerung des Infektionsrisikos statteten die Behörden die Wahllokale zudem mit speziellen Lüftungssystemen aus und versorgten die Wahlhelfer mit Antigen-Tests.

Trotz der Gesundheitsvorkehrungen rechneten Experten mit einer relativ niedrigen Wahlbeteiligung von rund 60 Prozent. An der letzten Regionalwahl im Dezember 2017 hatten sich in Katalonien rund 80 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Bis 13.00 Uhr hatten am Sonntag nur 22,6 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben - zwölf Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren.

"Es ist offensichtlich nicht der beste Moment, um eine Wahl abzuhalten", sagte der 40-jährige Sergi López der Nachrichtenagentur AFP vor einem Wahllokal in Barcelona. Andererseits setzten sich die Menschen auch jeden Tag dem Infektionsrisiko aus, wenn sie mit der Metro zur Arbeit führen, fügte er hinzu.

Die Regionalregierung in Barcelona hatte geplant, die Abstimmung auf Ende Mai zu verschieben. Die Gerichte hatten dies jedoch abgelehnt.

Die voraussichtlich niedrige Wahlbeteiligung könnte für Überraschungen beim Wahlausgang sorgen. In den letzten Meinungsumfragen hatten Illas von der Zentralregierung in Madrid unterstützte Sozialisten und die beiden an der Regionalregierung beteiligten Pro-Unabhängigkeitsparteien Kopf an Kopf gelegen. Dass es einer der Parteien gelingen wird, die absolute Mehrheit von 68 Parlamentssitzen zu gewinnen, gilt als äußerst unwahrscheinlich.

Überschattet worden war der Wahlkampf zudem von einem erbitterten Streit zwischen den beiden Regierungsparteien JxC und ERC, die derzeit gemeinsam 70 Sitze im Regionalparlament besetzen. Die Zerstrittenheit innerhalb der Regionalregierung könnte dem früheren Gesundheitsminister Illa zum Sieg verhelfen. Der Sozialist hatte sich durch sein Corona-Krisenmanagement hervorgetan und war im Wahlkampf von Ministerpräsident Pedro Sánchez persönlich unterstützt worden.

Die Regierungsbildung werde wahrscheinlich "eine ziemliche Herausforderung" werden, prognostizierte der Politik-Experte António Barroso von der Denkfabrik Teneo. Sowohl die separatistische Partei "Zusammen für Katalonien" (JxC) als auch die moderatere ERC schlossen diese Woche aus, eine Koalition mit den Sozialisten zu bilden.

"Die Sezessionisten haben deutlich bessere Aussichten auf eine Regierungsbildung, weil eine Einigung der nicht-separatistischen Parteien unwahrscheinlich ist", sagte Barroso. Der Politik-Experte schloss nicht aus, dass eine Neuwahl möglich werden könne.

Entscheidend wäre bei einem Sieg des Lagers der Unabhängigkeitsbefürworter aus Sicht des Experten, ob die JxC mit ihrer harten Position zur Abspaltung stärkste Kraft würde oder die als kompromissbereiter geltende ERC. Eine von der ERC geführte Regierung würde aus Sicht Barrosos den "doppelbödigen Kurs weiterführen, Madrid rhetorisch zu kritisieren, dabei aber keine unilateralen Maßnahmen zu ergreifen". Im Gegensatz dazu würde "eine Regierung mit der JcX an der Spitze wahrscheinlich zu einem konfrontativeren Kurs führen".

In der Frage der Unabhängigkeit sind die Katalanen zutiefst gespalten: In den jüngsten Meinungsumfragen sind fast 50 Prozent gegen eine Unabhängigkeit von Spanien, rund 45 Prozent befürworten sie.

by Von Daniel BOSQUE und Adria LABORDA