Die Corona-Krise spaltet die Einzelhandelsunternehmen in Gewinner und Verlierer. Insgesamt stiegen die Umsätze der Branche trotz der Pandemie im ersten Halbjahr leicht an, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Doch zwischen den einzelnen Branchen klaffen teils massive Unterschiede: Besonders der Online- und Versandhandel konnte seine Umsätze steigern - die Bereiche Bekleidung und Schuhe gehören hingegen zu den größten Verlierern.
Nach den vorläufigen Ergebnissen der Statistiker setzten alle Einzelhandelsunternehmen zusammen von Januar bis Ende Juni kalender- und saisonbereinigt 0,8 Prozent mehr um als im zweiten Halbjahr 2019. Nicht preisbereinigt waren es 1,5 Prozent mehr.
Profitieren konnte vor allem der Online- und Versandhandel mit einer Steigerung der realen Umsätze um 16,0 Prozent gegenüber dem Halbjahr zuvor. Deutliche Umsatzsteigerungen gab es auch beim Verkauf von Lebensmitteln, an Verkaufsständen und auf Märkten (plus 15,1 Prozent); ebenso beim Bau- und Heimwerkerbedarf (plus 14,2 Prozent).
Zu den größten Gewinnern der Corona-Krise gehören einer Ifo-Umfrage zufolge die Fahrradhändler. Nahezu alle Fahrradhändler sind demnach mit ihrer aktuellen Geschäftslage zufrieden. "Die Fahrradhändler erleben einen regelrechten Boom", erklärte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Befragungen.
Hohe Einbußen mussten dagegen die Bereiche Bekleidung mit minus 29,0 Prozent, Antiquitäten und Gebrauchtwaren (minus 25,2 Prozent) sowie Schuhe und Lederwaren (minus 25,0 Prozent) hinnehmen, wie das Statistische Bundesamt ermittelte. Der Einzelhandel mit Bild- und Tonträgern (minus 24,2 Prozent) verzeichnete ebenfalls einen herben Umsatzrückgang. Deutlich zurück gingen auch die Umsätze mit Uhren und Schmuck (minus 23,8 Prozent) und Büchern (minus 18,3 Prozent).
Bei Back- und Süßwaren betrug das Minus 16,0 Prozent. Der Bereich Geräte der Unterhaltungselektronik verzeichnete laut Bundesamt im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang von 13,5 Prozent.
Die Corona-Krise hat vielerorts Befürchtungen vor einer weiteren Verödung von Innenstädten geschürt. Trotz der Pandemie wollen zahlreiche Handelsketten aber weiter stark expandieren. Wie die "Wirtschaftswoche" berichtete, planen etwa Nonfood-Discounter wie Tedi, Action, Kik, Woolworth und Kodi die Eröffnung hunderter neuer Läden in Deutschland.
"Wir verfügen derzeit über rund 430 Kaufhäuser in ganz Deutschland und wollen das Filialnetz in den nächsten Jahren auf bis zu 800 Standorte vergrößern", sagte ein Sprecher von Woolworth dem Magazin. In diesem Jahr seien bereits 20 bis 25 Neueröffnungen geplant. 2021 sollen 30 bis 40 zusätzliche Woolworth-Standorte hinzukommen.
Auch die Handelskette Tedi will demnach weiter wachsen und rechnet für das laufende Geschäftsjahr 2020 mit 150 Neueröffnungen, "für das folgende 150 weitere". Aktuell zählen nach Unternehmensangaben 1764 Märkte zum deutschen Filialnetz.
Der niederländische Anbieter Action mit deutschlandweit 368 Filialen plant laut Bericht für das kommende Jahr einen Standortzuwachs "im zweistelligen Bereich". Von einem ähnlichen Anstieg gehen demnach auch die Baumarktkette Sonderpreis-Baumarkt, die derzeit 284 Filialen betreibt, und der Möbelanbieter Dänisches Bettenlager mit aktuell 970 Filialen aus.
Auch im Mode- und Sportsegment wollen Fachdiscounter laut "Wirtschaftswoche" ihre Ladennetze ausbauen. Kik peilt demnach jährlich rund 200 Neueröffnungen in Europa an. Der französische Sporthändler Decathlon wolle bis Ende des Jahres vier weitere Standorte sowie ein zusätzliches Logistikzentrum in Betrieb nehmen. Neben Discountanbietern treiben demnach zudem vor allem Bio-Supermärkte ihre Expansionspläne voran.
by Ina FASSBENDER