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Corona-Impfkampagne EU-weit gestartet

Von der Leyen betont Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs

Wie in Deutschland hat auch in den übrigen EU-Staaten am Sonntag die offizielle Impfkampagne gegen das Coronavirus begonnen. Führende Politiker der EU und ihrer Mitgliedstaaten begrüßten den Impf-Start mit dem Vakzin der Firmen Biontech und Pfizer. Sie riefen die Bevölkerung dazu auf, sobald wie möglich vom Angebot der Impfung Gebrauch zu machen.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonte in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AFP, die Impfungen seien sicher und wirksam. "Sie sind nicht nur ein Schutz für die Menschen selber, sondern auch natürlich für ihre Umgebung", sagte sie.

Von der Leyen lobte die Vorgehensweise der EU bei der Beschaffung der Vakzine: "Die Europäische Kommission hat das weltweit breiteste Impfportfolio verhandelt mit sechs verschiedenen Herstellern." Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach von einer "neuen Waffe im Kampf gegen das Virus". Der schwedische Regierungschef Stefan Löfven bezeichnete den Impfstoff als "Lichtstrahl in der Dunkelheit".

EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sprach von einem "emotionsgeladenen Tag für uns alle". Sechs Monate nach der Präsentation der Corona-Impfstrategie habe die EU ihr Versprechen eingelöst, "Impfstoffe für alle Mitgliedstaaten zur selben Zeit" bereitzustellen. Angesichts der anlaufenden Impfungen könne Europa "mit Optimismus" in das neue Jahr starten.

Für die gesamte EU waren am Samstag die ersten Impfstoffdosen aus der Pfizer-Fabrik im belgischen Puurs ausgeliefert worden. Vereinzelt wurden erste Impfungen schon am gleichen Tag verabreicht. Neben einer 101-jährigen Pflegeheimbewohnerin in Sachsen-Anhalt erhielten auch Menschen in Ungarn und der Slowakei einen Tag vor dem offiziellen Impfstart in der EU das Vakzin.

Die 29-jährige Krankenschwester Claudia Alivernini, die am Sonntag als erste Italienerin mit dem Vakzin geimpft wurde, sagte, sie empfinde "großen Stolz" und Verantwortung angesichts dieses Privilegs. Während in Italien in der ersten Phase bevorzugt Mitarbeiter im Gesundheitswesen geimpft werden, waren unter anderem in Spanien und Frankreich die Bewohner von Pflegeheimen die ersten Impfstoff-Empfänger.

In Tschechien ließ sich zuerst öffentlichkeitswirksam der populistische Ministerpräsident Andrej Babis impfen. Zur Begründung erklärte er, er habe im Fernsehen eine Frau gesehen, die gesagt habe, sie wolle mit der Impfung "auf Babis warten".

Die EU hatte den Impfstoff von Biontech und Pfizer vor knapp einer Woche zugelassen. Der EU-weite Impfbeginn erfolgte später als in vielen anderen Weltregionen, darunter Russland, Kanada, China, die USA, die Schweiz und Saudi-Arabien.

Als erstes westeuropäisches Land hatte am 8. Dezember Großbritannien die Impfungen mit dem Biontech-Pfizer-Präparat begonnen. In den kommenden Tagen wird zudem die Entscheidung der britischen Behörden über die Zulassung des Impfstoffs des britischen Herstellers AstraZeneca erwartet.

Politiker und Gesundheitsexperten erhoffen sich vom Start der Impfkampagne eine Trendwende in der Corona-Pandemie. Doch die Impfbereitschaft fällt vielerorts noch verhalten aus. Einer im "Journal du Dimanche" veröffentlichten Umfrage zufolge wollen sich beispielsweise 56 Prozent der Franzosen sich nicht impfen lassen.

Europaweit steigen die Infektionszahlen seit Wochen stark an. Mit 25 Millionen nachgewiesenen Infektionen bleibt der Kontinent die am schwersten von der Pandemie betroffene Region der Welt, wie eine auf Behördenangaben beruhenden Übersicht der Nachrichtenagentur AFP ergab. Weltweit stieg die Zahl der registrierten Ansteckungen laut der Zählung auf mehr als 80 Millionen, 1,7 Millionen Menschen starben an oder mit dem Virus.

Wegen der weiterhin starken Ausbreitung des Coronavirus traten vielerorts in Europa neue Beschränkungen in Kraft. In Österreich gelten seit Samstag wieder ganztägige Ausgangsbeschränkungen. Polen kehrt am Montag in den Lockdown zurück, auch die Iren erwarten zu Wochenbeginn neue Restriktionen.

by Stefan JERREVANG