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China verhängt im Streit um Uiguren-Politik Sanktionen gegen Briten

London verurteilt Maßnahmen und prangert Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang an

Im Streit um westliche Sanktionen gegen China wegen der Unterdrückung der Uiguren hat Peking nun auch britische Politiker und Organisationen mit Gegensanktionen belegt. Die betroffenen neun Einzelpersonen und vier Organisationen hätten "böswillig Lügen und Desinformation" über den chinesischen Umgang mit den Uiguren verbreitet, begründete das Außenministerium in Peking den Schritt am Freitag. Die Regierung in London verurteilte die Maßnahmen.

Das Vereinigte Königreich habe "wegen der sogenannten Menschenrechtsfragen in Xinjiang einseitig" Sanktionen gegen "relevante" chinesische Einzelpersonen und Organisationen verhängt, erklärte das Außenministerium. Die britischen Maßnahmen hätten zu einer "ernsten" Schwächung der wechselseitigen Beziehungen geführt. Großbritannien dürfe diesen "falschen Weg" nicht länger verfolgen.

Zu den von den Sanktionen Betroffenen zählen der ehemalige Tory-Vorsitzende Iain Duncan Smith und der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für auswärtige Angelegenheiten, Tom Tugendhat. Auch vier Organisationen, die sich für die Achtung der Menschenrechte in der nordchinesischen Provinz Xinjiang stark machen, wurden mit Strafmaßnahmen belegt.

Die Sanktionierten dürfen nicht mehr nach Festland-China oder in die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau einreisen, ihre dortigen Vermögen werden eingefroren. Chinesischen Bürgern und Institutionen wird untersagt, mit ihnen zu kooperieren.

Der britische Außenminister Dominic Raab warf Peking vor, Kritiker der chinesischen Menschenrechtsverletzungen im In- und Ausland "zum Schweigen" bringen zu wollen. "Während das Vereinigte Königreich sich der internationalen Gemeinschaft bei den Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzungen anschließt, sanktioniert die chinesische Regierung ihre Kritiker", schrieb er im Online-Dienst Twitter. Die chinesischen Behörden forderte er dazu auf, der UNO Zugang zu Xinjiang zu gewähren.

Auch Premierminister Boris Johnson stellte sich hinter die von den Sanktionen Betroffenen. "Die Abgeordneten und anderen britischen Bürger, die heute von China sanktioniert wurden, üben eine entscheidende Rolle dabei aus, die gewaltigen Menschenrechtsverletzungen gegen die uigurischen Muslime zu beleuchten", twitterte er.

Duncan Smith bezeichnete es als "Pflicht", die "Menschenrechtsverletzungen" der chinesischen Regierung in Hongkong sowie "den Genozid an den Uiguren" zu benennen. "Wir, die wir ein freies Leben in der Rechtsstaatlichkeit führen, müssen die Stimme für jene erheben, die keine Wahl haben." Die Wut Chinas über seinen Einsatz empfinde er als "Ehrenabzeichen", betonte Duncan Smith in einem Twitter-Beitrag.

Die ebenfalls von den Sanktionen betroffene Tory-Abgeordnete Nusrat Ghani sagte der BBC, sie werde sich von den Strafmaßnahmen "nicht einschüchtern" lassen. Die chinesische Reaktion auf die westlichen Sanktionen sei "ein Weckruf", durch den alle demokratischen Staaten und Abgeordneten erkennen müssten, "dass wir unserer täglichen Arbeit nicht nachgehen können, ohne dass China uns sanktioniert, nur weil wir versuchen, das Geschehen in Xinjiang und die Misshandlung der Uiguren öffentlich zu machen".

Wegen der Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in Xinjiang hatten Großbritannien, die EU, Kanada und die USA in dieser Woche Sanktionen gegen China verhängt. Peking reagierte auf die Maßnahmen wütend und belegte zehn Politiker und Wissenschaftler sowie vier Organisationen aus der EU seinerseits mit Sanktionen, darunter den deutschen EU-Parlamentsabgeordneten Reinhard Bütikofer (Grüne).

Menschenrechtsorganisationen zufolge sind in Xinjiang mindestens eine Million Uiguren und andere Muslime in hunderten Haftlagern eingesperrt. Dort werden sie den Angaben zufolge zur Aufgabe ihrer Religion, Kultur und Sprache gezwungen und teilweise auch misshandelt. Peking weist die Vorwürfe zurück und spricht von Ausbildungs- und Arbeitsprogrammen, die Extremismus in der Regionen bekämpfen sollen.

by GREG BAKER