In ihrem Streben nach internationaler Anerkennung suchen die afghanischen Taliban auch die Unterstützung Chinas. Eine Delegation hochrangiger Taliban-Vertreter wurde in Peking von Außenminister Wang Yi empfangen, wie die chinesische Regierung am Mittwoch bestätigte. US-Außenminister Antony Blinken erklärte derweil, Afghanistan würde im Falle einer Machtübernahme der Taliban zu einem international isolierten "Paria-Staat".
Afghanistan und China haben eine 76 Kilometer lange gemeinsame Grenze. Peking sieht bei einer Machtübernahme der radikalislamischen Aufständischen mögliche Auswirkungen auf separatistische Bestrebungen in der der mehrheitlich von muslimischen Uiguren bewohnten Region Xinjiang im Westen Chinas. Auf der anderen Seite würde Stabilität in dem rohstoffreichen Nachbarland neue wirtschaftliche Möglichkeiten für China eröffnen.
Ein Sprecher der Taliban sagte am Mittwoch, der chinesischen Führung sei zugesichert worden, dass Afghanistan keine Gruppen beherbergen werde, die eine Bedrohung für andere Länder darstellen würden. China habe seinerseits erklärt, sich nicht in afghanische Angelegenheiten einzumischen, sondern dabei "zu helfen, Probleme zu lösen und Frieden zu bringen".
Ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums sagte, China halte sich an seine Politik der Nichteinmischung. Afghanistan gehöre dem afghanischen Volk.
In den vergangenen Monaten verstärkten die Aufständischen ihre diplomatischen Bemühungen um internationale Anerkennung. Geleitet wird die Delegation in Peking von Mullah Abdul Ghani Baradar, einem Mitgründer der Taliban. China hatte bereits 2019 eine Delegation der Taliban empfangen, inoffizielle Kontakte mit den Aufständischen gab es darüber hinaus bereits zuvor.
US-Außenminister Blinken sagte bei einem Besuch in Indien, Afghanistan würde bei einer Machtübernahme durch die Taliban ein international isoliertes Land. "Ein Afghanistan, das die Rechte seiner Bewohner nicht respektiert, ein Afghanistan, das Gräueltaten gegen seine eigene Bevölkerung verübt, würde ein Paria-Staat werden", sagte Blinken.
Afghanistan zählt zu den ärmsten Ländern der Welt und ist stark auf internationale Hilfe angewiesen. Das Land verfügt über lukrative Bodenschätze, die für Nachbarländer wie China und Indien interessant sind, die Sicherheitslage war aber bisher nie stabil genug um einen Abbau zu ermöglichen.
Wenngleich die Taliban mit der Führung in Peking ideologisch kaum Anknüpfungspunkte haben, könnten gegenseitige Interessen diese Lücke schließen. Für China würde Stabilität in Afghanistan einen weiteren Ausbau der geplanten "Neuen Seidenstraße" ermöglichen, für die Taliban könnte China eine wichtige Quelle für ausländische Investitionen und wirtschaftliche Unterstützung werden.
Die Region ist für chinesische Bürger und Unternehmen jedoch gefährlich. Chinesen werden in Afghanistans Nachbarland Pakistan immer wieder Opfer von Anschlägen. Am Mittwoch wurde ein Chinese in der Stadt Karachi bei einem Schusswaffenangriff verletzt, vor wenigen Wochen waren neun chinesische Arbeiter bei einem Bombenanschlag auf ihren Bus im Nordwesten Pakistans getötet worden.
Die Taliban haben parallel zum rasch fortschreitenden Abzug der US- und anderer Nato-Truppen in den vergangenen Monaten große Teile des Landes erobert. Mittlerweile kontrollieren sie rund die Hälfte der etwa 400 Bezirke Afghanistans.
Westliche Beobachter befürchten, dass die Islamisten nach dem vollständigen Abzug der internationalen Truppen wieder die Macht in Afghanistan übernehmen könnten. Die Friedensverhandlungen zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung in Doha sind seit Monaten festgefahren.
by Von Emal HAIDARY