Politiker der CDU sehen nach dem Votum des Parteivorstands für Armin Laschet ihren Vorsitzenden als Kanzlerkandidaten gesetzt. Es sei "ganz klar" eine Entscheidung für Laschet gefallen, sagte der CDU-Mitgliederbeauftragte Henning Otte am Dienstag im RBB Inforadio. Laschets einstiger Konkurrent Friedrich Merz gratulierte dem Parteichef und forderte, jetzt den "Blick nach vorn" zu richten. CSU-Chef Markus Söder will sich am Mittag äußern.
Laschet hatte am Montagabend eine Sondersitzung des CDU-Vorstands einberufen, um die Kanzlerkandidatur erneut zu besprechen. Nach mehr als sechs Stunden Diskussion stimmte das Gremium mitten in der Nacht ab - Laschet erhielt 31 Stimmen, neun Vorstandsmitglieder votierten für Söder als Kanzlerkandidat, sechs enthielten sich.
CDU-Vorstandsmitglied Otte betonte im RBB, es sei die Abmachung gewesen, "dass wenn die CDU sich klar ausspricht für ihn, dann ist das auch die Entscheidung für eine Kanzlerkandidatur". Es gehe darum, "nicht nur in Bayern, sondern für ganz Deutschland Politik zu machen. Und dafür steht Armin Laschet."
"Gratulation an Armin Laschet", sagte Friedrich Merz, der mit dem NRW-Ministerpräsidenten um den Parteivorsitz konkurriert hatte, der "Bild"-Zeitung. "Jetzt richten wir den Blick nach vorn: Raus aus dem Klein-Klein, konkrete Vorschläge für die Bundestagswahl, ein Modernisierungsjahrzehnt für Deutschland."
Der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz sagte im Bayerischen Rundfunk, die Abstimmung im CDU-Vorstand sei "wirklich ein klares Ergebnis, das, denke ich, auch von allen akzeptiert wird". Die unterlegene Minderheit müsse sich der Mehrheitsentscheidung anschließen. Auch CDU-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg sagte dem Sender NDR Info, jetzt müsse Söder zu seinem Wort stehen, Laschet zu unterstützen und ohne Groll gemeinsam Wahlkampf zu machen.
Der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter zeigte sich zuversichtlich, dass der CSU-Chef seine Ambitionen aufgeben werde. "Söder hat klar nach einem Votum gefragt und es bekommen", sagte Kiesewetter im ZDF-"Morgenmagazin". "Wir haben eine Lösung, einen guten Vorschlag." Die Partei solle sich nun wieder "mit aller Kraft den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürger widmen".
Söder will sich um 12.00 Uhr zu der Angelegenheit äußern. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt deutete laut einem Bericht der "Welt" bereits an, dass der bayerische Ministerpräsident das CDU-Votum akzeptieren werde. "Das Verfahren war holprig, aber das Ergebnis eindeutig", habe Dobrindt in einer Sitzung des geschäftsführenden Unions-Fraktionsvorstands gesagt.
Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte ist sich allerdings nicht sicher, dass Söder einlenkt. So "anarchisch-rebellisch", wie dieser sich bislang aufgeführt habe, "können wir das nicht kalkulieren", sagte Korte im "Morgenmagazin".
Die Grünen zeigten sich besorgt ob des langen Machtkampfs in der Union. CDU und CSU hätten sich einen "unglaublichen Schaden zugefügt und sich zerfleischt", sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth (Grüne) im Deutschlandfunk. Die "große Zerrissenheit" der Union sei besorgniserregend. Damit werde die Union "noch lange zu kämpfen haben".
Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sagte in der Sendung "Frühstart" von RTL und ntv, aus diesem Zweikampf "geht niemand als Sieger hervor. Die Union hat sich da ziemlich zerlegt."
by Tobias SCHWARZ