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Bundesweite Razzia gegen Neonazis der "Artgemeinschaft"

Mehrere Hundertschaften und Spezialeinheiten stürmten zeitgleich um 6 Uhr Objekte in zwölf Bundesländern

In einer großangelegten Aktion haben am Dienstagmorgen Bundespolizei und Spezialeinheiten zeitgleich um 6 Uhr Objekte in zwölf Bundesländern durchsucht. Die Razzia richtete sich gegen Neonazis der sogenannten "Artgemeinschaft". Betroffen waren die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.

Ziel: Praxis und Wohnung des Arztes Gerhard H.

Die Razzia konzentrierte sich unter anderem auf die Praxis und Wohnung des Arztes Gerhard H. in Essen. Laut den Ermittlern hat der Arzt und seine Söhne Zugang zu Waffen und posieren teilweise sogar mit Gewehren im Internet. Die Spezialeinheit BFE war im Einsatz, um die Durchsuchung durchzuführen. Die Aktion steht im Zusammenhang mit dem Verbot der "Artgemeinschaft" durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser.

Verbot der "Artgemeinschaft" durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser

Nach Informationen der Zeitung "Bild" hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die "Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung" verboten. Bereits am 19. September hatte Faeser den rechtsextremistischen Verein "Hammerskins Deutschland" verboten.

Die "Artgemeinschaft" wird von der Bundeszentrale für politische Bildung als "eine sektenähnliche, religiös-völkische, anti-christliche und rechtsextreme Organisation" beschrieben. Der Verein fungiert als Bindeglied zwischen verschiedenen Strömungen der extremen Rechten.

Gegründet von Alt-Nazi Wilhelm Kusserow

Die "Artgemeinschaft" wurde 1951 von Wilhelm Kusserow, einem ehemaligen Nazi, gegründet. Seit 1957 ist sie ein eingetragener Verein mit Sitz in Berlin. Von 1989 bis zu seinem Tod 2009 wurde die Gruppe von dem Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger geleitet. Sein Nachfolger ist Axel Schunk aus Stockstadt in Bayern.

Rassistische Ideologie und antisemitische Verschwörungstheorien

Die "Artgemeinschaft" vertritt eine rassistische und sozialdarwinistische Ideologie und verbreitet antisemitische Verschwörungstheorien. Die Mitglieder betrachten sich als Bewahrer einer nordisch-germanischen Rasse, die anderen Menschen überlegen ist und sich im Kampf gegen diese durchsetzen muss. Das "Glaubensbekenntnis" der Vereinigung betont, dass Kampf ein natürlicher Teil des Lebens sei und knüpft damit direkt an die rassistische Lehre des Dritten Reiches an. Der Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalen bezeichnet die "Artgemeinschaft" als eine Organisation, die ein "neuheidnisches Weltanschauungsgebilde" nutzt, um rechtsextremistisches Gedankengut zu verbreiten.