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Bundeswehr kann mit erster Maschine nur sieben Menschen aus Kabul ausfliegen

Zweite Maschine wartet auf Freigabe - 600 Bundeswehrsoldaten sollen Flüge absichern

Die Bundeswehr hat mit ihrem ersten Evakuierungsflug nur sieben Menschen aus der afghanischen Hauptstadt Kabul ausfliegen können. "Wir können bestätigen, dass in der Nacht mit einem Flug aus Kabul sieben Personen evakuiert wurden", erklärte das Auswärtige Amt am Dienstag. Nach der Stationierung von Bundeswehrsoldaten auf dem Flughafen sollen mit weiteren Flügen im Laufe des Tages größere Gruppen aus Kabul in Sicherheit gebracht werden.

"Wir haben eine sehr unübersichtliche, gefährliche, komplexe Situation am Flughafen, vor allem durch die Menschenmengen", sagte Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Dienstag im ARD-"Morgenmagazin". "Wir haben es gestern geschafft, in einer wirklich halsbrecherischen Landung unsere Maschine zu Boden zu bringen", fügte die Ministerin hinzu. Es sei in erster Linie darum gegangen, Soldaten zur Absicherung der Evakuierungsflüge nach Kabul zu bringen.

"Wir hatten nur ganz wenig Zeit und deswegen haben wir nur die mitgenommen, die jetzt wirklich auch vor Ort waren. Und die konnten gestern wegen der chaotischen Situation noch nicht in einer größeren Zahl am Flughafen sein", sagte Kramp-Karrenbauer. Eine zweite Transportmaschine warte derzeit auf die Freigabe der USA, um Richtung Kabul zu starten und weitere Menschen in Sicherheit zu bringen. Zur Absicherung der Flüge seien insgesamt bis zu 600 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr vorgesehen.

Auch das Auswärtige Amt (AA) verwies auf die prekäre Sicherheitslage in Kabul. "Aufgrund der chaotischen Umstände am Flughafen und regelmäßiger Schusswechsel am Zugangspunkt war gestern Nacht nicht gewährleistet, dass weitere deutsche Staatsangehörige und andere zu evakuierende Personen ohne Schutz der Bundeswehr überhaupt Zugang zum Flughafen erhalten würden", erklärte das Ministerium.

"Eine Aufnahme von Personen, die sich am zivilen Teil des Flughafens aufhielten, wurde von den Partnern, die die Sicherheitsverantwortung am Flughafen ausüben, nicht ermöglicht." Aufgrund der äußerst gefährlichen Lage auf den Zufahrtswegen zum Flughafen wäre nach Angaben des AA zu riskant gewesen, "die zu Evakuierenden vor Erteilung der Landeerlaubnis und vor Sicherung des Zugangs durch Bundeswehrkräfte aufzurufen, sich zum Flughafen zu begeben". Es werde nun "unter Hochdruck" daran gearbeitet, in den nächsten Stunden größere Menschengruppen aus Kabul auszufliegen.

Kramp-Karrenbauer erklärte, sie hoffe darauf, dass der Flughafen in Kabul lange offen gehalten werden könne und "dass wir doch über die nächsten Tage eine richtige Luftbrücke aufbauen können". Der Auftrag der Bundeswehr laute, "so lange es irgendwie geht so viele wie möglich rausholen".

Bis Montagnachmittag hatten sich vier Luftwaffen-Maschinen auf den Weg nach Kabul gemacht. Wegen der chaotischen Lage auf dem Flughafen verzögerte sich der erste Evakuierungsflug jedoch stundenlang. Das A400M-Transportflugzeug der Bundeswehr konnte schließlich in der Nacht von Kabul aus in Richtung Taschkent in Usbekistan abheben.

Die Luftwaffe will zwischen Kabul und Taschkent eine Luftbrücke einrichten. Deutsche Staatsbürger und afghanische Ortskräfte sollen zunächst in die Hauptstadt Usbekistans ausgeflogen und dann mit Charterflugzeugen nach Deutschland gebracht werden.

Die Taliban hatten am Sonntag nach einem zehntägigen Eroberungsfeldzug durch Afghanistan die Hauptstadt Kabul erreicht. Die afghanische Regierung gestand ihre Niederlage ein, Präsident Aschraf Ghani floh ins Ausland.

Westliche Staaten wie die USA und Deutschland bemühen sich nun unter Hochdruck darum, ihr ziviles Personal aus Afghanistan auszufliegen. Die US-Regierung entsandte 6000 Soldaten zur Sicherung des Flughafens in Kabul.

by JENS SCHLUETER