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Bundeswehr fliegt rund 400 Menschen aus dem Sudan aus

Nach der Gewalteskalation im Sudan sind die Evakuierungsflüge für Ausländer unter Hochdruck fortgesetzt worden. Auch die Bundeswehr beteiligte sich an den Evakuierungen: Seit Sonntagabend holte sie in vier Flügen rund 400 Menschen aus dem nordostafrikanischen Land, darunter deutsche Botschaftangehörige. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sagte am späten Montagnachmittag, bislang sei der "außerordentlich komplexe" Einsatz "ohne jede Panne, ohne jedes Problem" verlaufen.

"Niemand ist bisher von unseren Leuten zu Schaden gekommen", sagte der Verteidigungsminister. An dem Einsatz waren nach Angaben des Ministers rund tausend Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr beteiligt. Am Sonntag waren die ersten drei Bundeswehr-Maschinen des Typs Airbus A400M aus dem Sudan ausgeflogen. Auf dem Weg nach Deutschland legten sie einen Zwischenstopp auf dem Luftwaffenstützpunkt al-Asrak in Jordanien ein.

An Bord dieser drei Maschinen befanden sich insgesamt etwa 300 Menschen. Die Hälfte davon waren nach Angaben der Bundesregierung Deutsche. So wurden am Sonntag sämtliche entsandten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Botschaft ausgeflogen, wie Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mitteilte. Neben Deutschen flog die Bundeswehr demnach mit diesen drei Maschinen Bürgerinnen und Bürger von 20 weiteren Nationen aus, darunter Belgien, Großbritannien, Jordanien, Österreich und einige afrikanische Staaten. 

Am Montag folgte dann ein vierter deutscher Evakuierungsflug, wie die Bundeswehr mitteilte. Die Maschine befand sich demnach am Abend auf dem Weg von Khartum nach Jordanien. Angaben zur Nationalität der Insassen machte die Bundesregierung zunächst nicht.

Eine laut Baerbock "mittlere zweistellige Zahl" von Deutschen schaffte es ohne Hilfe der Bundeswehr, aus dem Sudan herauszukommen, und zwar durch Evakuierungseinsätze anderer Staaten sowie der UNO. Nach Angaben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell wurden bis Montagvormittag allein mehr als tausend EU-Bürger evakuiert. 

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dankte der Bundeswehr für den "gefährlichen" Evakuierungseinsatz. Diese sei "wichtig, um Bürgerinnen und Bürger unseres Landes und anderer Länder in Sicherheit zu bringen", sagte Scholz bei einem Besuch im belgischen Ostende. 

Die Bundesregierung bereitete mögliche weitere Evakuierungsflüge für die kommenden Tage vor. Da am Montag eine dreitägige Feuerpause im Sudan enden sollte, waren diese Planungen jedoch mit Unsicherheiten behaftet. "Noch befinden sich weitere Deutsche vor Ort", sagte Baerbock.  Ob allerdings die Sicherheitslage in den nächsten Tagen weitere Evakuierungen erlauben werde, sei "mehr als ungewiss". 

Zur Situation der von der Bundesregierung im Sudan beschäftigten einheimischen Ortskräfte sagte Baerbock, deren Evakuierung sei - anders als nach der Machtübernahme der radikalislamischen Taliban in Afghanistan - nicht geplant. Die örtlichen Mitarbeiter im Sudan seien im Unterschied zu Afghanistan "nicht einer speziellen Verfolgung ausgesetzt", was die rechtliche Voraussetzung für ihre Evakuierung wäre, führte sie aus. Auch hätten diese Beschäftigten "nicht den Wunsch geäußert, auszureisen".

Baerbock betonte aber, die Bundesregierung unterstütze die Ortskräfte "bestmöglich", indem sie ihnen beispielsweise ihre Gehälter weiterzahle. Der SPD-Außenpolitiker Michael Roth appellierte an die Bundesregierung, ihre "Fürsorgepflicht" gegenüber den Ortskräften zu erfüllen. "Wer für die Bundesrepublik Deutschland gearbeitet hat, der muss sich auf uns verlassen können, auch dann", sagte er den Sendern RTL/ntv.

Ein Bundestagsmandat für den Evakuierungseinsatz will sich die Bundesregierung nachträglich einholen. In der entsprechenden Vorlage wird der Einsatz nach AFP-Informationen bis Ende Mai befristet. Laut Baerbock wird sich der Bundestag voraussichtlich am Mittwoch mit dem Sudan-Mandat befassen. Es wird breite Unterstützung erwartet.

Bei den seit anderthalb Wochen anhaltenden Gefechten im Sudan zwischen der Armee und der paramilitärischen RSF-Miliz wurden nach UN-Angaben bereits mehr als 400 Menschen getötet und über 3700 weitere verletzt. Auch am Montag gingen trotz der vereinbarten Feuerpause die Kämpfe weiter. Der Süden von Khartum habe unter heftigem Beschuss gelegen, teilte die örtliche Ärztegewerkschaft mit. "Die Leichenhäuser sind voll. Leichen sind auf den Straßen verstreut", sagte Gewerkschaftschef Attija Abdallah.

UN-Generalsekretär António Guterres warnte, dass die Gewalt im Sudan "die gesamte Region und darüber hinaus erfassen" könnte. "Wir müssen alles in unserer Macht stehende tun, um den Sudan vom Rand des Abgrunds zu ziehen", forderte Guterres in einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats in New York. Der UN-Sonderbeauftragte für den Sudan, der Deutsche Volker Perthes, wird nach UN-Angaben im Land bleiben, um sich für eine Beilegung des Konflikts einzusetzen.

dja/cp