Die Geheimdienste des Bundes müssen sich enger verzahnen, um rechtsextreme Strukturen in der Bundeswehr künftig wirksamer bekämpfen zu können: Zu diesem Ergebnis kommt das für Geheimdienstkontrolle zuständige Bundestagsgremium in einer Untersuchung, deren Ergebnisse es am Freitag in Berlin vorstellte. Die in zweijähriger Arbeit erstellte Studie habe "bestätigt, dass wir rechtsextreme organisierte Strukturen mit Bezug zur Bundeswehr und anderen Sicherheitsbehörden sehen", sagte der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz, der Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums ist.
Ziel der Untersuchung war es herauszufinden, inwieweit es rechtsextreme Netzwerke mit Verbindungen zur Bundeswehr gibt und wie effektiv die Nachrichtendienste solche Netzwerke und Verbindungen erkennen.
Dabei seien keine Beweise gefunden worden "für eine Schattenarmee, die einen politischen Umsturz plant", sagte der Gremiumsvorsitzende Roderich Kiesewetter (CDU). Allerdings gebe es "rechtsextremistische Netzwerke mit Bezug zur Bundeswehr und anderen Sicherheitsbehörden".
Es sei deutlich geworden, dass in den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern "eine Reihe von Beschäftigten mit rechtsextremem und auch gewaltorientierten Gedankengut" aktiv seien, sagte Kiesewetter. Die Vernetzung finde überwiegend virtuell, aber auch im Rahmen etwa von Waffenbörsen und Schießtrainings statt.
Solche Kontakte seien "nicht hinnehmbar", sagte Kiesewetter. Er sprach sich dafür aus, in solchen Fällen eine Verschärfung des Rechtsrahmens zu prüfen.
Das Parlamentarische Kontrollgremium legte eine Liste von acht Empfehlungen an die Bundesregierung vor. Dabei geht es vor allem um eine engere Verzahnung zwischen den Nachrichtendiensten des Bundes - dies sind das Bundesamt für Verfassungsschutz, der Bundesnachrichtendienst und der für die Bundeswehr zuständige Militärische Abschirmdienst. Bis zum 1. Oktober 2023 soll die Bundesregierung einen Bericht zum Umsetzungsstand der Empfehlungen vorlegen.
Die CSU-Abgeordnete Andrea Lindholz sprach von einer "ernsten Situation", die in dem Bericht sichtbar werde. Diesen Ernst könne "man auch daran erkennen, dass das Gremium diesen Bericht einstimmig verabschiedet hat". Er weise "mit aller Deutlichkeit" darauf hin, dass die bereits eingeleitete Reform der Geheimdienste weitergehen müsse.
Besonderen Reformbedarf stellte das Gremium für den Militärischen Abschirmdienst fest. Die "Informationsflüsse und die Zusammenarbeit" des MAD "in der Extremismusbekämpfung und Spionageabwehr mit den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern müssen deutlich verstärkt werden", heißt es in dem Untersuchungsbericht des Gremiums.
"Der MAD war über Jahre schlecht aufgestellt", sagte dazu der Linken-Abgeordnete André Hahn. "Es wurde geleugnet, dass es überhaupt ein rechtsextremistisches Problem bei der Bundeswehr gibt." Der MAD habe bis vor kurzem nur Einzelpersonen überprüft, nicht aber extremistische Netzwerke ins Visier genommen.
Der Grünen-Politiker von Notz monierte zudem, dass es "deutliche Hinweise auf einen sehr sorglosen Umgang bei der Verwaltung von Schusswaffen und Munition in Dienststellen der Bundeswehr" gebe. Immer wieder sei der Verbleib solchen Materials ungeklärt. Dies sei kein Zustand, der andauern dürfe.
Hahn äußerte sein Bedauern darüber, dass der Gesamt-Abschlussbericht des Gremiums aus Geheimschutzgründen nicht in Gänze veröffentlicht wurde. Der Öffentlichkeit liegt lediglich eine Kurzfassung vor.
Das Parlamentarische Kontrollgremium ist für die Kontrolle der Nachrichtendienste des Bundes zuständig und überwacht die drei Geheimdienste des Bundes. Die Bundesregierung ist nach dem Kontrollgremiumgesetz dazu verpflichtet, das Gremium umfassend über die allgemeinen Tätigkeiten der Nachrichtendienste und über Vorgänge von besonderer Bedeutung zu unterrichten.
by John MACDOUGALL