Bundestagsabgeordnete mehrerer Fraktionen fordern eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Mandat. "Dass jemand Elternschaft und die Arbeit als Abgeordneter vereinbart, muss erwünscht sein, nicht nur geduldet", sagte Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) laut Vorabmeldung vom Dienstag. Konkret forderte sie, "namentliche Abstimmungen in Blöcke gefasst abhalten zu können statt einzeln beim jeweiligen Tagesordnungspunkt".
Hilfreich wäre laut Paus auch die Möglichkeit, virtuell an Ausschüssen teilnehmen zu können. "Corona hat dafür die nötigen Instrumente geschaffen", betonte sie. Auch andere Parlamentarierinnen äußerten gegenüber der Zeitung, dass mehr für Abgeordnete mit Kindern getan werden müsse.
Für die Vizepräsidentin des Bundestags, Yvonne Magwas (CDU), bietet dabei die von der Bundesregierung geplante Geschäftsordnungsnovellierung die Chance, "mehr Familienfreundlichkeit im Bundestag zu erreichen". Als Beispiele dafür nannte sie demnach den Verzicht auf namentliche Abstimmungen nach 20.00 Uhr und Doppelsitzungswochen. Über eine Elternzeit von sechs Monaten sei ebenfalls nachzudenken.
Wie Paus setzt sie auf Digitalisierung, um "etwa bei namentlichen Abstimmungen im Plenum auch digital abstimmen zu können". Bei diesen oft kurzfristig anberaumten Voten müssen die Abgeordneten bislang im Reichstag anwesend sein.
Die FDP-Abgeordnete Nicole Bauer verlangte einen Wechsel "weg von einer Anwesenheitskultur hin zu einer Ergebniskultur". Sie möchte den Angaben zufolge unter anderem erreichen, dass Abgeordnete ihr Baby spontan mit ins Plenum bringen dürfen. Bisher ist das nur in Ausnahmefällen und nach vorheriger Absprache mit dem sitzungsleitenden Bundestagspräsidenten möglich.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) widersprach den Forderungen: Das Parlament sei kein "Ort für Kinder", sagte er der "FAZ". Der Vizevorsitzenden der FDP fragte zudem: "Was sollen wir denn machen, wenn die Kinder jetzt anfangen zu schreien? Soll ich da die Sitzung unterbrechen?" Er gab weiter zu Bedenken, ob dann nicht auch den Mitarbeitenden, also zum Beispiel den Stenographen oder Saaldienern, dieses Recht zugebilligt werden müsse.
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