Seit fast 70 Jahren regelt das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) die Verhältnisse für Millionen von Wohnungseigentümern, die mit anderen Eigentümern gemeinsam in einer Immobilie leben - jetzt soll eine Reform das Gesetz an die Bedürfnisse der Zukunft anpassen und etwa den Einbau von Ladesäulen für Elektroautos oder energetische Sanierungen ermöglichen. Der Bundestag stimmte am Donnerstagabend der Neuregelung zu, bei der auch die Befugnisse der von den Eigentümern eingesetzten Hausverwalter eine wichtige Rolle spielen.
"Umbauten sind nun einfacher möglich, damit Wohnanlagen energetischen Standards entsprechen und ältere Eigentümer auch im Alter noch barrierefreien Zugang zu ihrer Wohnung haben", erklärte Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) nach der Abstimmung im Bundestag. "Sowohl Wohnungseigentümer als auch Mieter erhalten zudem einen Rechtsanspruch auf den Einbau einer Ladeeinrichtung für ihr Elektrofahrzeug auf eigene Kosten - damit bringen wir die Wende zur E-Mobilität gezielt voran."
Lambrecht betonte, dass das WEG eine "Erfolgsgeschichte" und für viele Menschen "Eigentum auf der Etage" ein wichtiger Baustein bei der privaten Altersvorsorge sei. Zuletzt habe es aber einen "zunehmenden Sanierungsstau bei Altbauten sowie Hindernisse beim energetischen und barrierereduzierenden Umbau" gegeben.
In seiner bisherigen Form gilt das WEG bereits seit 1951. Damals sollte es den Wohnungsbau stärken und so breiten Bevölkerungsschichten den Erwerb einer Eigentumswohnung ermöglichen. Umweltpolitische Herausforderungen, die Digitalisierung oder der demographische Wandel spielten allerdings noch keine Rolle.
Ein Schwerpunkt der Reform soll laut dem Gesetzesentwurf, dem nun noch der Bundesrat zustimmen muss, eine effizientere Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums sein. So sollen etwa die Beschlussfassungen der Eigentümergemeinschaft erleichtert und Streitbeilegungsmechanismen verbessert werden. An den Versammlungen sollen Eigentümer künftig auch online teilnehmen können.
Nach Angaben des rechtspolitischen Sprechers der CSU im Bundestag, Volker Ullrich, schafft die Reform für Wohnungseigentümer zudem erstmals einen Anspruch auf einen "zertifizierten Verwalter". Damit könne sich jeder Eigentümer sicher sein, "dass seine Wohnung in guten Händen ist", erklärte er.
Der Befugnisse der Hausverwalter, die von den Eigentümern bestellt werden können, hatten nach dem bereits im März erfolgten Kabinettsbeschluss zur WEG-Reform zu teils heftigen Debatten geführt. Der Verband Wohnen im Eigentum (WiE) hatte vor einer unverhältnismäßigen Stärkung der Verwalter zulasten der Eigentümer gewarnt. Nachdem Union und SPD am Montag vergangener Woche eine Einigung auf einen Kompromiss verkündet hatten, erklärte der Verband zuletzt aber, die Machtverhältnisse seien "ausgewogen".
Auch der Eigentümerverband Haus & Grund begrüßte, Union und SPD hätten es geschafft, "ein ausgewogenes Gesetz sowohl für Eigentümer als auch für Verwalter zu erarbeiten". Künftig bleibe "auch in entscheidungsschwachen Gemeinschaften" der Verwalter handlungsfähig. Zugleich stehe außer Frage, "dass Verwalter jederzeit abberufen werden können", betonte Haus & Grund-Präsident Kai Warnecke.
Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV) bezeichnete die Reform ebenfalls als "weitgehend ausgewogen", kritisierte allerdings, dass die Eigentümer einen Verwalter künftig jederzeit abberufen könnten - "also auch ohne wichtigen Grund". Die Einführung eines Sachkundenachweises für Verwalter begrüßte der VDIV hingegen - dies werte die Tätigkeit auf.
by David GANNON