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Bundestag setzt Bürgerrat zu Ernährungsfragen ein

Mit Fragen rund um Ernährungspolitik, Lebensmittelkennzeichnungen und Essensverschwendung befasst sich ab Herbst ein neues Gremium aus Bürgerinnen und Bürgern. Der Bundestag beschloss am Mittwochabend die Einsetzung des Bürgerrats "Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben", der voraussichtlich ab September tagen und bis Ende Februar 2024 Empfehlungen vorlegen soll.

Der Bürgerrat solle "den Blick auf die im Alltag bereits stattfindenden Umbrüche in unserer Ernährung richten und die Perspektive der Bürgerinnen und Bürger in die politische Debatte einbringen", heißt es in dem von SPD- Grünen, FDP und Linken gemeinsam formulierten Bundestagsbeschluss. "Besonderes Augenmerk soll dabei auf der Rolle des Staates im Spannungsfeld von individueller Freiheit und Verantwortung für die Gesellschaft liegen."

Zudem sind in dem Beschluss mehrere "Leitfragen" formuliert, den "Rahmen der Beratungen" im Bürgerrat bilden sollen. Unter anderem geht es demnach darum, was "zu einer transparenten Kennzeichnung von sozialen Bedingungen, von Umwelt- und Klimaverträglichkeit und von Tierwohlstandards" auf Lebensmitteln gehört, wie die Bevölkerung "bei Kaufentscheidungen im Hinblick auf eine gesunde Ernährung besser unterstützt" werden kann und welchen "steuerlichen Rahmen" der Staat für die "Preisbildung von Lebensmitteln" setzen soll. 

Der Bürgerrat soll 160 Mitglieder ab 16 Jahren haben; sie sollen per Zufall ausgelost werden. "Dabei soll eine ausgewogene Beteiligung mit Blick auf die soziodemografischen Kriterien Alter, Geschlecht, regionale Herkunft, Gemeindegröße und Bildungshintergrund erreicht werden", heißt es in dem Bundestagsbeschluss. "Zudem soll der Anteil der sich vegetarisch oder vegan ernährenden Personen an der Bevölkerung im Bürgerrat abgebildet werden."

Die Sitzungen des Gremiums sollen von neutraler Seite moderiert werden. Außerdem soll es einen Expertenbeirat geben. Die Diskussionen des Bürgerrats sollen weitgehend öffentlich zugänglich sein. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bekommen eine Aufwandsentschädigung. 

Das neue Gremium geht auf eine Vereinbarung im Koalitionsvertrag zurück. Es ist das erste Mal, dass ein solcher Rat durch das Parlament eingesetzt wird. In der vergangenen Legislaturperiode hatte es bereits einen Bürgerrat zum Thema Außenpolitik unter Schirmherrschaft des damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Schäuble (CDU) gegeben; dieses Projekt wurde aber von einem Verein organisiert.

"Mit den Bürgerräten will die Koalition neue und innovative Dialogformen erproben und den direkten Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern stärken", erklärte der FDP-Politiker Stephan Thomae vor dem Bundestagsbeschluss. Die Empfehlungen des Bürgerrats "geben wichtigen Input, haben aber keine Bindungswirkung", betonte er zugleich.

Kritik kam von der Unionsfraktion. Durch Bürgerräte werde "die Bedeutung von Parlamenten unterminiert", sagte die CDU-Abgeordnete Gitta Connemann dem Portal t-online.de. "Der Bundestag kann jederzeit Experten aus Wissenschaft und Gesellschaft befragen. Es braucht keine Alibi-Parlamente, die per Los zusammengewürfelt werden", urteilte Connemann.

cne/mt