In einer emotionalen Debatte hat der Bundestag am Donnerstag um eine Regelung für die Sterbehilfe gerungen. Den Abgeordneten lagen zwei Gesetzentwürfe zur Abstimmung vor: Sie sollen festschreiben, unter welchen Umständen Sterbewillige Zugang zu todbringenden Medikamenten bekommen und unter welchen Bedingungen andere Menschen straflos Hilfe bei dem geplanten Suizid leisten können. Die namentliche Abstimmung sollte am späten Vormittag erfolgen, der Fraktionszwang ist dafür aufgehoben.
"Jeder Mensch hat ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben und ein Recht darauf, hierbei Hilfe zu erhalten", sagte die FDP-Abgeordnete Katrin Helling-Plahr, die federführend an einem der beiden fraktionsübergreifend ausgearbeiteten Anträge beteiligt war. Sie verwies darauf, dass das Bundesverfassungsgericht vor drei Jahren ein Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben formuliert hatte. "Einen gegen die Autonomie gerichteten Lebensschutz darf es nicht geben", sagte sie.
Der Entwurf von Helling-Plahrs Gruppe sieht generell keine Strafbarkeit für Sterbehilfe mehr vor - anders als der zweite Antrag, der von einer Gruppe um den SPD-Abgeordneten Lars Castellucci ausgearbeitet wurde. Dieser Antrag setzt höhere Hürden für die Suizidbeihilfe und will die geschäftsmäßige Sterbehilfe in bestimmten Fällen weiter unter Strafandrohung stellen.
"Lassen Sie uns den begleiteten Suizid ermöglichen, aber nicht fördern", sagte Castellucci in der Debatte. Der Schwerpunkt müsse auf Suizidprävention liegen: "Wir müssen bessere sozial- und gesundheitspolitische Antworten geben und nicht einfach einen Wegweiser zum assistierten Suizid", sagte Castellucci.
Beide Entwürfe haben gemein, dass sie rechtliche Voraussetzungen festlegen wollen, unter denen Suizidwillige Zugang zu tödlich wirkenden Medikamenten erhalten können. Dazu sind unter anderem Änderungen im Betäubungsmittelgesetz vorgesehen. Beide Entwürfe sehen zudem eine Regulierung der Werbung für Hilfe zur Selbsttötung vor.
Unterschiede gibt es in der Frage, welche Form von Untersuchungen und Beratungen der Verschreibung eines todbringenden Medikaments vorangehen sollen und wie lange die Wartefrist zwischen Beratung und Verschreibung sein soll. Die Vorgaben des Castellucci-Entwurfs sind hier strenger als jene in dem Entwurf der Gruppe um Helling-Plahr.
Aktuell existiert in Deutschland keine gesetzliche Regelung zur Sterbehilfe. Sie ist straffrei möglich, seit das Verfassungsgericht das Verbot der geschäftsmäßigen Sterbehilfe gekippt hat. Das Gericht erkannte ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben ausdrücklich an - und auch die Freiheit, sich dafür Hilfe bei Dritten zu holen. Detaillierte Regelungen stellte das Gericht dafür nicht auf.
Als unklar galt am Donnerstag der Ausgang der Abstimmung im Bundestag. Möglich war, dass keiner der beiden Entwürfe eine Mehrheit erhält und damit alles beim Alten bleibt.
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