Angesichts der deutlich sinkenden Corona-Ansteckungszahlen will die Bundesregierung die bundesweite Notbremsen-Regelung Ende Juni beenden. "Sie kann auslaufen jetzt", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag nach einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Auch Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) plädierte dafür, die Notbremse nicht zu verlängern.
Merkel zog eine positive Bilanz der einheitlichen Regelung für Regionen mit Inzidenzwerten oberhalb von 100 Corona-Infektionen in sieben Tagen pro 100.000 Einnwohnern. "Ich glaube, sie hat sehr zur Klarheit beigetragen, um diese dritte Welle zu bremsen", sagte die Kanzlerin. Sie fügte hinzu, sollten die Infektionen etwa durch Virus-Mutationen wieder steigen, "können wir das jederzeit reaktivieren".
Es gebe "aus heutiger Sicht die Tendenz, diese Notbremse mit dem 30. Juni auslaufen zu lassen", hatte zuvor Regierungssprecher Steffen Seibert gesagt. Er verwies zur Begründung auf die "sehr erfreuliche Entwicklung der letzten Wochen". Der weitere Umgang mit der Bundesnotbremse sei aber "natürlich abhängig von der pandemischen Entwicklung", fügte er hinzu. Die derzeit gültige Regelung zur Bundesnotbremse ist bis 30. Juni befristet und müsste vom Parlament verlängert werden, wenn sie weiter gelten soll.
"Das Wetter wird besser, die Infektionszahlen sinken", sagte Vizekanzler Scholz in Berlin. Nun sei der Zeitpunkt gekommen, "mit dem beginnenden Sommer die Pandemie allmählich hinter uns zu lassen und daraus Konsequenzen zu ziehen". Er sei dafür, "dass wir die Bundesnotbremse, die wir richtigerweise beschlossen haben, jetzt auch am 30.6. auslaufen lassen. Das ist der richtige Zeitpunkt."
Sympathien für ein Auslaufen der Bundesnotbremse gibt es auch in der CDU-Führung. "Ich persönlich sehe keinen Grund, dass die Notbremse weiter notwendig ist", sagte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nach den Gremiensitzungen seiner Partei mit Blick auf das Auslaufen der Regelung Ende Juni. Er erwarte für die kommenden Tage eine Entscheidung der Bundesregierung.
Die Notbremse wurde im April verabschiedet mit dem Ziel, in Gebieten mit hoher Corona-Inzidenz bundesweit einheitliche Vorgaben für Corona-Schutzmaßnahmen durchzusetzen. Dazu zählen Regelungen zu Ausgangssperren und zu Kontaktbeschränkungen. Am Montag lag laut Robert-Koch-Institut (RKI) nur noch in drei Landkreisen der Inzidenzwert über 100, so dass die Notbremse de facto ohnehin kaum noch von Bedeutung ist.
Unabhängig davon muss das Parlament bis Ende Juni auch über das Fortgelten der epidemischen Lage von nationaler Tragweite entscheiden. Diese ist Grundlage für zahlreiche Rechtsvorschriften in Verbindung mit der Pandemie wie Eindämmungs- oder auch Impfverordnungen. Hier gilt daher eine Verlängerung als wahrscheinlich.
by THOMAS KIENZLE