Die Bundesregierung sieht die Anstrengungen für eine Stärkung der Pflege auf einem guten Weg. "Wir haben schon viel erreicht und wir sind entschlossen, den begonnenen Weg fortzusetzen", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Freitag in Berlin bei der Vorstellung einer Zwischenbilanz der Konzertierten Aktion Pflege. Branchen- und Sozialverbände mahnten allerdings weitere Anstrengungen an
"Wir sorgen für bessere Bezahlung, mehr Stellen und eine gute Ausbildung", hob Spahn hervor. Allerdings sei die Verbesserung der Personalsituation in der Pflege "ein langfristiger Prozess". "Wir wissen, dass wir noch nicht am Ziel sind", räumte Spahn ein.
Auf erste Schritte zu einer besseren Bezahlung wies Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hin. Als Erfolge nannte er zudem differenzierte Mindestlöhne im Pflegebereich, die nun stufenweise ansteigen. "Respekt vor den Leistungen der Pflegenden müsse "mehr sein als Applaus und warme Worte", hob Heil hervor. Er äußerte die Hoffnung, dass inzwischen vorliegende Tarifeinigungen bald in einen allgemein gültigen Tarifvertrag münden könnten.
Spahn mahnte in diesem Zusammenhang allerdings parallel auch eine Reform der Pflegefinanzierung an, um die Kostenbelastung von Pflegebedürftige zu begrenzen. Das eine könne "nicht ohne das andere geregelt werden".
Familienministerin Franziska Giffey (SPD) begrüßte die erfolgte Einführung der bereichsübergreifenden generalistischen Pflegeausbildung, die diese "wirklich attraktiv" gemacht habe. Seither sei ein deutlicher Anstieg bei der Zahl der Auszubildenden zu verzeichnen. Zudem sei mit inzwischen mehr als 30 neuen Studiengängen für angehende Pflegekräfte auch der Weg ins Studium erleichtert worden.
Die Konzertierte Aktion Pflege war im Sommer 2018 ins Leben gerufen worden, um die Lage im Pflegesektor zu verbessern. Die Reformbemühungen wurden im laufenden Jahr allerdings durch die Corona-Krise überlagert. Beteiligt sind an der Initiative neben der Bundesregierung auch die Länder, Pflegeverbände, Kranken- und Pflegekassen, Verbände der Betroffenen und die Bundesagentur für Arbeit.
Sozialverbände begrüßten, dass es bei Reformen im Pflegebereich inzwischen mehr Bewegung gebe, übten aber auch Kritik. "In der Pflegebranche steigt der Druck im Kessel", warnte Caritas-Präsident Peter Neher. Auch er mahnte eine leistungsfähigere Pflegeversicherung und eine "vernünftige Deckelung der Eigenanteile" an. Auf eine stärkere Berücksichtigung auch der häuslichen Pflege bei den Reformbemühungen drängte die Diakonie.
Auf die ungeklärte Finanzierungsfrage verwies auch der Sozialverband Deutschland (SoVD). Zudem gebe es bei der Umsetzung der Reformbeschlüsse in den Ländern große Unterschiede. Der Personalbedarf in der Pflege dürfe "nicht aus Sorge vor möglichen Kosten jetzt künstlich heruntergerechnet werden", warnte die Arbeiterwohlfahrt.
"Mutige und wirksame Schritte, um mehr Personal zu gewinnen und zu halten", forderte die Gewerkschaft Verdi. Nötig seien dafür "bedarfsgerechte Personalvorgaben" und eine weitere Verbesserung der Ausbildungsbedingungen.
Auf eine finanzielle Entlastung der Pflegebedürftigen drängte auch die Grünen-Expertin Kordula Schulz-Asche. Von einem anhaltenden Notstand in der Pflege sprach die Linken-Politikerin Pia Zimmermann. SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas warf den privaten Arbeitgebern in der Pflegebranche eine "Blockadehaltung" vor, wenn es um bessere Bezahlung gehe.
by Kay Nietfeld