Nach den verheerenden Explosionen in Beirut hat die Bundesregierung Soforthilfen für den Libanon in Gang gesetzt. Auf Bitten der libanesischen Regierung könnte noch am Mittwoch eine 47-köpfige Einsatzeinheit des Technischen Hilfswerks nach Beirut starten, um bei der Bergung von Verschütteten zu helfen, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums in Berlin. Zudem werde ein Unterstützungs-Team entsandt, das die Arbeitsfähigkeit der deutschen Botschaft in der zum Teil verwüsteten Hauptstadt gewährleisten solle.
Zur genauen Zahl der verletzten Deutschen konnte die Bundesregierung am Mittag weiterhin keine Angaben machen. "Wir haben Hinweise auf einzelne verletzte Deutsche und viele Hinweise auf schwere Sachschäden", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Eine "belastbare Zahl" der Verletzten könne aber noch nicht genannt werden. Insgesamt gebe es "eine erhebliche Anzahl von Deutschen", die im Libanon leben.
Der Sprecher verwies auf die akute Schwierigkeit, gesicherte Informationen aus der Katastrophen-Stadt Beirut zu bekommen. "Die Lage vor Ort muss als chaotisch bezeichnet werden", sagte er. "Wir warten auf eine Verdichtung des Lagebilds."
Die Bundeswehr schickte eine in Zypern ankernde Marine-Korvette in Richtung Libanon, wie ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums sagte. Das deutsche Schiff solle vor der libanesischen Küste im Rahmen des UN-Einsatzes Unifil eine brasilianische Fregatte ablösen, die für die Notfallhilfe eingesetzt wird. Die UN-Mission dient der Friedenssicherung im Libanon, auch die deutsche Marine ist daran beteiligt.
Die Bundeswehr hält nach Angaben des Sprechers auch ihre Klinik-Flugzeuge bereit. Die MedEvac-Airbusse könnten "sofort aktiviert" werden, wenn eine entsprechende Anfrage aus dem Libanon eingehe. Ein solcher Einsatz erfordere aber "Organisation vor Ort", sagte er mit Blick auf die chaotische Lage in Beirut.
Erschwert werden die Hilfsmaßnahmen durch die Corona-Pandemie und die Verwüstung des Beiruter Hafens. Die zerstörten Logistikeinrichtungen im Hafen "werden ein großes Problem darstellen", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts. Auch die besonderen Bedingungen der Arbeit während der Corona-Pandemie seien ein Problem.
Das Auswärtige Amt richtete nach Angaben des Sprechers einen Krisenstab ein, der am Mittwochvormittag zum ersten Mal tagte. Drei Themen stünden im Zentrum: die Lage der Deutschen vor Ort, die Hilfsersuchen der libanesischen Regierung sowie Arbeitsfähigkeit der deutschen Botschaft.
Die Kanzlei der Botschaft sei beschädigt worden, sagte der Sprecher. Die deutsche Vertretung habe aber auf eine andere Liegenschaft ausweichen können, so dass die Arbeitsfähigkeit gewährleistet sei, die deutschen Vertreter seien "ansprechbar" für Deutsche im Libanon. Inwieweit die alten Immobilien noch genutzt werden könnten, müsse nun statisch und brandschutztechnisch geprüft werden.
Die Bundesregierung sagte dem Libanon für den Wiederaufbau Unterstützung zu. Deutschland werde dem Libanon "in dieser sehr schweren Lage zur Seite stehen und helfen", sagte Vizeregierungssprecherin Ulrike Demmer.
Das Entwicklungshilfeministerium verwies darauf, dass sich Deutschland schon seit Jahren stark mit Hilfen im Libanon engagiere. Für konkrete Pläne zur Unterstützung des Wiederaufbaus sei es noch zu früh, sagte ein Sprecher.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte dem Libanon in einem Kondolenzschreiben an Präsident Michael Aoun Unterstützung zu. "Deutschland wird tun, was es kann, um den Menschen im Libanon zur Seite zu stehen", schrieb Steinmeier. "Die Bilder von der gewaltigen Zerstörung mitten in der Stadt haben mich zutiefst erschüttert."
Nach libanesischen Regierungsangaben waren am Dienstagabend 2750 Tonnen Ammoniumnitrat detoniert. Die Schäden betreffen den Angaben zufolge fast die halbe Stadt, bis zu 300.000 Bewohner wurden obdachlos.
by STR