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Bundesregierung plant keine Strafen bei versäumten Impfterminen

Forderungen nach Ende der Corona-Maßnahmen werden lauter

Die Bundesregierung hält nichts von Bußgeldern für sogenannte Impfschwänzer. Es gebe keine Planungen für Strafzahlungen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Er appellierte aber an die Bürgerinnen und Bürger, Termine rechtzeitig abzusagen. Lauter wurden zugleich die Forderungen nach einem Ende der Einschränkungen in der Corona-Pandemie.

"Impftermine sind wertvoll", sagte Seibert. Er appelliere deshalb an alle Menschen, die einen Termin nicht wahrnehmen wollten oder könnten, diesen so rechtzeitig wie möglich abzusagen. Auch das Bundesgesundheitsministerium wandte sich gegen Forderungen nach Bußgeldern bei geschwänzten Impfterminen. "Wir wollen motivieren und nicht abschrecken", sagte eine Ministeriumssprecherin.

FDP-Parlamentsgeschäftsführer Marco Buchmann sagte im ARD-"Morgenmagazin", er glaube nicht, dass staatlicher Zwang an dieser Stelle helfe. Die Menschen sollten besser von einer Impfung überzeugt werden. Auch mobile Teams könnten die Impfquote steigern. Auch CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak hob hervor, es gehe um möglichst gute Angebote.

Die kommunalen Spitzenverbände wandten sich ebenfalls gegen Sanktionen. Der Städte- und Gemeindebund äußerte die Befürchtung, Bußgelder könnten viele Menschen davon abhalten, überhaupt einen Impftermin zu vereinbaren. Ein "Bürokratiemonster" wäre "völlig kontraproduktiv", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Der Präsident des Deutschen Städtetages und Oberbürgermeister Leipzigs, Burkhard Jung (SPD), sagte der "Welt", wer einen Termin nicht wahrnehmen könne, müsse rechtzeitig Bescheid geben. Sanktionen seien für ihn "die zweitbeste Lösung". Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager sagte der "Welt", ein solches Verhalten sei zwar unsolidarisch. Aber es wäre unangemessen, in diesen Fällen mit der "ordnungspolitischen Keule" zu kommen.

Demgegenüber sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) der "Welt", Deutschland könne es sich nicht leisten, "Impfstoffe verfallen zu lassen, weil bereits ausgemachte Termine einfach nicht eingehalten, nicht abgesagt oder ohne triftigen Grund abgesagt werden". Sollte sich herausstellen, dass die erforderliche Solidarität in Teilen der Gesellschaft nicht vorhanden sei, "müssen wir uns schon überlegen, wie wir diese im Interesse aller, gegebenenfalls auch über Sanktionen, werden einfordern können".

Zuvor hatten auch Politiker aus CDU und SPD vorgeschlagen, eine Geldbuße in Höhe von 25 bis 35 Euro gegen all jene zu verhängen, die ihren Termin für die Zweitimpfung in einem der Impfzentren ohne Absage verstreichen lassen.

Zu den derzeit geltenden Corona-Maßnahmen sagte der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der "Bild"-Zeitung vom Montag: "Spätestens September wird für jeden Impfwilligen ein Impfangebot verfügbar sein, dann müssen eigentlich nahezu alle Corona-Maßnahmen weg." Jeder Einzelne solle "dann immer noch individuell entscheiden, ob er oder sie weiter Maske tragen" wolle.

Der FDP-Politiker Buschmann sagte dazu, in einem freiheitlichen Rechtsstaat dürften Grundrechte nur eingeschränkt werden, solange eine Gefahr besteht. Zudem könne die Abkehr von den Beschränkungen ein Anreiz sein, sich impfen zu lassen.

Auch Hausärzte-Chef Ulrich Weigeldt befürwortet ein Ende der Corona-Maßnahmen für vollständig Geimpfte. Wenn eine Infektion oder Krankheitsübertragung weitgehend ausgeschlossen werden könne, gebe es keinen medizinischen Grund für weitere Restriktionen, sagte er dem Düsseldorfer "Handelsblatt".

Regierungssprecher Seibert verwies darauf, dass es schon jetzt eine ganze Reihe von Erleichterungen und Lockerungen gebe. Dies gelte insbesondere für das Reisen.

by Ina FASSBENDER