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Bundesregierung erteilt Unions-Vorstoß zu Obergrenze für Geflüchtete eine Absage

Die Bundesregierung hat die Forderungen von CDU und CSU nach einer Obergrenze zur Aufnahme von Geflüchteten in Deutschland zurückgewiesen. "Eine Obergrenze löst das Problem nicht", sagte Vizeregierungssprecher Wolfgang Büchner am Montag in Berlin. Das Problem müsse auf europäischer Ebene gelöst werden: "Die einzige vernünftige Möglichkeit, bei diesem komplexen Thema Migration voranzukommen, ist eine dauerhafte Steuerungsordnung im europäischen Rahmen."

Die Bundesregierung signalisierte Unterstützung für den Notfallplan von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für die Bewältigung der Flüchtlingskrise in Italien, die unter anderem eine strengere Überwachung der Meeresgrenzen bis hin zu einem Marineeinsatz vorsehen. "Wir werden das nicht anders machen können", sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Sonntagabend in der ARD. "Ansonsten bekommen wir die Migrationslage so nicht in den Griff."

Faeser sprach sich wie von der Leyen für eine Verstärkung der Maßnahmen gegen Schleuser aus. "Die Schleusungen haben unglaublich zugenommen und bringen viele Menschen in Gefahr", sagte die Ministerin. "Wir verändern jetzt das Recht, indem man auch Schleusern zum Beispiel hier den Aufenthaltstitel entziehen kann."

Zudem will Faeser nach eigenen Angaben eine Taskforce zur wirksameren Bekämpfung der Schleuserkriminalität einrichten. Daran werde sich auch Tschechien beteiligen, mit Polen und Österreich werde noch über eine Mitarbeit diskutiert. 

Ein Sprecher von Faesers Ministerium sagte am Montag, die Vorschläge der EU-Kommission würden nun geprüft. Sie müssten aber "weiter konkretisiert" werden. 

Das Bundesverteidigungsministerium wollte sich nicht zu einer möglichen Beteiligung an einem Marine-Einsatz im Mittelmeer äußern. Die Vorschläge seien noch nicht in einem Stadium, in dem sie sich "zu einer Frage für die Bundeswehr entwickeln könnten", sagte ein Sprecher.

Das Bundesinnenministerium teilte am Montag zudem mit, dass die Rücknahme von Geflüchteten durch Italien im Rahmen der so genannten Dublin-Vereinbarungen praktisch zum Stillstand gekommen sei. Deutschland habe seit Jahresbeginn rund 12.400 Übernahme-Ersuchen an Italien gestellt, sagte der Sprecher. Tatsächlich seien aber nur zehn Überstellungen erfolgt - wobei es sich um Fälle handle, "in denen die betroffenen Personen freiwillig und eigenständig" nach Italien ausgereist seien. 

Als Reaktion auf das Verhalten der italienischen Regierung in dieser Frage hatte die Bundesregierung kürzlich das Programm zur freiwilligen Aufnahme von Geflüchteten aus Italien ausgesetzt. Die Dublin-Regeln sehen vor, dass Asylsuchende, die unerlaubt in einen anderen Mitgliedstaat weiterziehen, in der Regel wieder in den Erst-Einreisestaat zurückgebracht werden.

CSU-Chef Markus Söder hatte in einem Interview mit der "Bild am Sonntag" eine "Integrationsgrenze" gefordert mit einer Aufnahme-Begrenzung von höchstens 200.000 Migranten pro Jahr. CDU-Chef Friedrich Merz unterstützte den Vorstoß.

Der CSU-Vorstand stellte sich am Montag in München hinter Söders Vorstoß. Seine Partei wolle "einen Deutschlandpakt gegen unkontrollierte Zuwanderung", sagte der CSU-Chef nach der Sitzung. Söder verwahrte sich gegen Vorwürfe, sein drei Wochen vor der Landtagswahl in Bayern präsentierter Vorschlag sei eine Wahlkampfidee. Die Kommunen klagten bereits seit Monaten über eine Überforderung durch zu viele Flüchtlinge, ohne dass die Bundesregierung etwas unternehme, sagte er.

Kritik an der von Söder geforderten Obergrenze kam auch von der FDP. Allerdings seien auch die Liberalen für einen "Paradigmenwechsel in der Migrationspolitik", sagte der bayerische FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen nach einer Sitzung des Bundesvorstands in Berlin. Irreguläre Migration müsse eingedämmt werden, durch unter anderem konsequenten Grenzschutz, schnellere Asylverfahren und konsequente Rückführungen.

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