Der Bundesrechnungshof hat scharfe Kritik an den Plänen der Bundesregierung geübt, den Verwendungszweck des Sondervermögens für die Bundeswehr auszuweiten. "Die vorgesehene Ausweitung läuft dem vom Verfassungsgesetzgeber mit dem Sondervermögen verfolgten Zweck zuwider", heißt es in einem vertraulichen Bericht der Rechnungsprüfer an den Haushaltsausschuss des Bundestags, welcher der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag vorlag. Die obersten Finanzkontrolleure des Bundes warnten Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und die Ampelkoalition vor einem Rechtsbruch.
Hintergrund ist, dass die Bundesregierung aus dem 100 Milliarde Euro umfassenden Sondervermögen nicht mehr nur besonders große Rüstungsprojekte finanzieren will, sondern die Mittel auch zur Finanzierung laufender Ausgaben einsetzen möchte. Sie strebe einen "flexibleren Einsatzes der Mittel des Sondervermögens" an, schreibt der Bundesrechnungshof. Damit wären die ursprünglichen Ziele des Sondervermögens "gefährdet". Über den Bericht des Rechnungshofs hatte zunächst der "Wir" berichtet.
Die Finanzkontrolleure riefen Minister Pistorius und die Ampelregierung auf, sie müssten die Finanzpläne für die Ausstattung der Bundeswehr "grundlegend überarbeiten und die Mängel abstellen". Die Mittel des Sondervermögens würden den Regierungsplänen zufolge "nicht mehr ausschließlich der Finanzierung bedeutsamer Ausrüstungsvorhaben dienen", kritisieren die Rechnungsprüfer.
Hintergrund ist der Kabinettsbeschluss von Mitte August zum sogenannten Haushaltsfinanzierungsgesetz, wonach das 100 Milliarden Euro umfassende Sondervermögen nicht nur Großprojekten vorbehalten sein soll, die einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung von Deutschlands Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit leisten sollen.
Vielmehr sollen aus diesem Topf nun weitere Rüstungsausgaben finanziert werden - ganz generell ist von "Maßnahmen im Bereich der Rüstungsinvestitionen" die Rede. Darunter fasst die Bundesregierung nun auch "Forschung, Munitionsausgaben, Infrastrukturprojekte" sowie Investitionen in "Informationstechnologie, zum Schutz von und Sicherstellung des Zugangs zu Schlüsseltechnologie und Logistik für die Bundeswehr".
Dem Bundesrechnungshof geht das zu weit. Die Prüfer beanstanden, dass der Haushaltsentwurf für das Jahr 2024 eine klare Trennung zwischen dem regulären Etat des Verteidigungsministeriums und dem Sondervermögen vermissen lässt. "Dieses Konzept der 'Mischfinanzierung' ist rechtlich unzulässig", heißt es in dem Bericht. "Wenn Vorhaben aus dem Sondervermögen nur 'anfinanziert' werden, steigt das Risiko zusätzlicher Belastungen für den Bundeshaushalt erheblich."
Bei der Einrichtung des Sondervermögens in Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine sei es darum gegangen, "festgelegte überjährige Großvorhaben zu finanzieren", unterstreichen die Prüfer. Doch die geplante Änderung im Gesetz zum Sondervermögen "läuft dem vom Verfassungsgesetzgeber mit dem Sondervermögen verfolgten Zweck zuwider."
Kritik am Vorgehen der Bundesregierung kam auch von der Union. CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Dienstag von einem "groben Vertrauensbruch" gegenüber der Bundeswehr und dem Parlament" gesprochen. "Verabredet war, nur Großvorhaben zu finanzieren, und jetzt wird dieses Sondervermögen geöffnet für die Alltagsbeschaffung der Bundeswehr", sagte Merz. "Wir werden der 'Ampel' das alles nicht durchgehen lassen."
Das Sondervermögen für die Bundeswehr war im vergangenen Jahr im Grundgesetz verankert worden. Auch CDU/CSU hatten dafür gestimmt.
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