96348:

Bundeskabinett bringt Acht-Milliarden-Programm für mehr Klimaschutz auf den Weg

Kritik aber an Defiziten bei Ökostrom und fehlender Entlastung für Mieter

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch ein zusätzliches Acht-Milliarden-Euro-Programm für mehr Klimaschutz auf den Weg gebracht. Der größte Teil davon soll Maßnahmen im Gebäudebereich voranbringen. Zu wenig konkrete Schritte etwa für den Ausbau erneuerbarer Energien kritisierte allerdings Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Auch Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) räumte dies ein - und machte dafür die Union verantwortlich.

Laut der am Morgen ebenfalls vom Kabinett beschlossenen Haushaltsplanung des Bundesfinanzministeriums sind 5,5 Milliarden Euro aus dem Programm für die Aufstockung der Förderung energetischer Gebäudesanierung sowie mehr Klimaschutz bei Neubauten vorgesehen, zudem 1,07 Milliarden Euro für den Verkehrsbereich und 0,86 Milliarden Euro für Klimaschutz im Sektor Industrie.

Der Bund nehme "die nötigen Mittel in die Hand, um den klimafreundlichen und sozial gerechten Umbau der Wirtschaft umzusetzen", sagte dazu Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). Schulze sprach von einem "starken Rahmen" für mehr Klimaschutz.

Die acht Milliarden Euro kommen laut Ministerium zu den mehr als 80 Milliarden Euro hinzu, die in den vergangenen zwei Jahren im Rahmen von Klimaschutz- und Konjunkturprogramm für Klimaschutzmaßnahmen bereitgestellt worden seien. Unterstützt werden sollen der klimafreundliche Umbau der Chemie- und Stahlindustrie, etwa durch den Einsatz von grünem Wasserstoff. Enthalten sind auch Mittel für neue Radwege, die Digitalisierung der Schienenwege und zusätzliche Schnelladestationen.

Schulze kritisierte allerdings, dass die Union nicht zu einer fairen Aufteilung von Mehrkosten durch die CO2-Bepreisung zwischen Mietern und Vermietern bereit gewesen sei. Auch fehlten eine Solarpflicht für Neubauten und "ein beherzter Ausbau erneuerbarer Energien". Hier zeige sich, dass sich die Union zwar formal zum Klimaschutz bekenne, "doch wenn es konkret wird, hören wir nur: Nein, Nein, Nein".

Auch Baerbock forderte in der "Rheinischen Post" endlich "ein wirksames Klimaschutzsofortprogramm mit klaren Vorgaben, damit Windräder, Stromtrassen und insgesamt die Infrastruktur für Klimaneutralität jetzt gebaut werden". Zudem mahnte sie ebenfalls "eine soziale Ausrichtung" beim Klimaschutz an, "etwa über eine Mieter-Entlastung beim CO2-Preis". Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer warf Union und SPD einen "Handlungs-Bluff in Sachen Klimaschutz" vor.

Weitergehende Schritte für mehr Ökostrom forderte auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Hier sei das Programm der Koalition nur "ein erster Schritt", mahnte dessen Vorsitzende Kerstin Andreae. Es würden dringend mehr Flächen für Windkraft an Land und Photovoltaik benötigt.

Das Regierungsprogramm sei "überteuert, zahnlos und ungerecht", kritisierte der Linken-Klimaexperte Lorenz Gösta Beutin. Die Verschonung der Vermieterinnen und Vermieter beim CO2-Preis sei "ein handfester Lobby-Skandal".

Statt Sofortmaßnahmen vertage die Koalition "konkrete Maßnahmen in die Zukunft", kritisierte auch der Umweltverband WWF. Auch WWF-Klimaexpertin Viviane Raddatz mahnte vor allem mehr Zubau beim Ökostrom an. Mit ihrem Programm wolle die Koalition lediglich "Handlungsfähigkeit beim Klimaschutz vortäuschen", kritisierte die Klima-Allianz Deutschland.

Das Programm ist Teil eines Pakets, mit dem die große Koalition kurz vor Ende der Legislaturperiode beim Klimaschutz punkten will. Dazu gehört auch das neue Klimaschutzgesetz mit deutlich schärferen Emissionsvorgaben, das am Donnerstag vom Bundestag verabschiedet werden soll. Darauf hatten sich Union und SPD nach langem Ringen verständigt.

by David GANNON