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Bundeselternrat kritisiert Rückkehr zu regulärem Präsenzunterricht als verfrüht

Bund und Länder wollen Digitalisierung an Schulen vorantreiben

Der Bundeselternrat hat die Rückkehr zum Regelbetrieb an den Schulen als verfrüht kritisiert. "Nun wieder alle Schüler auf einen Schlag zurückzuholen, geschieht aus meiner Sicht zu schnell und zu unvorsichtig", sagte der Vorsitzende der Elternvertretung, Stephan Wassmuth, dem Magazin "Wir" in einem am Freitag veröffentlichten Interview. Auch bemängelte er, dass die Kultusminister der Länder zu spät mit den Vorbereitungen auf das neue Schuljahr begonnen hätten.

"Die Politik hätte die Sommerpause besser nutzen müssen", sagte Wassmuth. Er plädierte für Unterricht in kleineren Gruppen und eine bessere Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften für den digitalen Fernunterricht. In Mecklenburg-Vorpommern hatten zwei Schulen wegen Coronavirus-Infektionsfällen schon kurz nach dem Start wieder schließen müssen.

Bei einem informellen Treffen am Donnerstagabend zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chefin Saskia Esken, Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und den Kultusministern mehrerer Bundesländer wurde vereinbart, die Digitalisierung an den Schulen stärker voranzutreiben. Die Corona-Pandemie habe der "Entwicklung von Formen des digitalen Lernens neue Dringlichkeit verliehen", erklärte Merkels Sprecher Steffen Seibert nach den Beratungen. "Bund und Länder erkennen die Digitalisierung als gemeinsame Aufgabe an."

Es sei der "gemeinsame Wille" der Teilnehmer des Treffens, "schnellstmöglich alle Schulen in der erforderlichen Weise an das schnelle Internet anzuschließen, Schülern zu Hause einen bezahlbaren Zugang zum Internet zu ermöglichen und Lehrer mit Endgeräten auszustatten", betonte Seibert.

Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Stefanie Hubig (SPD), rief die Bundesbürger zu mehr Eigenverantwortung und Vorsicht im Alltag auf, um weitere Schulschließungen zu verhindern. "Ich appelliere dringend an alle, die Regeln zu beachten", sagte die rheinland-pfälzische Bildungsministerin dem "Wir". In der derzeitigen Lage müsse die Gesellschaft als Ganzes verantwortungsbewusst handeln. Es müsse alles getan werden, um erneute Schulschließungen zu vermeiden.

Scharf kritisierte Hubig das Freizeitverhalten vieler Bundesbürger: "Wenn ich sehe, wie sich manche Erwachsene am Wochenende im Biergarten oder am Strand verhalten, bin ich erschüttert." An den Schulen würden die höchsten Auflagen erfüllt, um Bildung zu ermöglichen, "während sich Andere in ihrer Freizeit unvernünftig verhalten".

Laut einer Umfrage befürwortet eine Mehrheit der Bundesbürger strenge Hygieneschutzmaßnahmen an den Schulen. In der Erhebung des Kandar-Instituts für den "Wir" sprachen sich 58 Prozent der Befragten dagegen aus, dass die Schulen die Hygieneregeln wie etwa Maskenpflicht und Mindestabstände lockern. 38 Prozent befürworteten dies hingegen, acht Prozent machten keine Angaben. Kantar hatte zwischen dem 30. Juli und 4. August 1014 Bürger befragt.

by Ina FASSBENDER